„Signale der Opfer falsch interpretiert“
Empörung über Begründung für Enthaftung nach Vergewaltigung
Wien – Ein 17-jähriger Bursch wurde am Mittwoch zu 21 Monaten teilbedingter Haft verurteilt, weil er im vergangenen Sommer binnen fünf Wochen in Wien-Simmering drei Mädchen vergewaltigt haben soll. Das jüngste Opfer war erst zwölf Jahre alt. Der Angeklagte bestätigte zwar die Vorwürfe, gab aber an, dass er das unmündige Mädchen für älter gehalten habe. Das Urteil – sieben Monate der Strafe sind unbedingt, der Rest bedingt auf Bewährung – ist nicht rechtskräftig.
Was Staatsanwältin Tamara Ranzdorf be- sonders empörte und sie deshalb im Prozess auch besonders hervorhob, ist die Begründung, mit der das Oberlandesgericht (OLG) damals die U-Haft für den Jugendlichen aufgehoben hatte: Der 17-Jährige habe „die Signale der Opfer falsch interpretiert“und sich zu den ihm vorgeworfenen Taten „hinreißen“lassen, hieß es in der Entscheidung, mit der seiner Haftbeschwerde Folge geleistet worden war. Dass er der Zwölfjährigen zwei Mal ins Gesicht ejakulierte, stellte für das OLG keine besondere Demütigung dar. Es gebe „keine besonderen Anhaltspunkte“für „eine besondere Erniedrigung“, befand der OLG-Senat.
Staatsanwältin Ranzdorf verlas in der Verhandlung einige Passagen der OLG-Entscheidung und bemerkte wörtlich, dass es sich dabei um „eine Watsche ins Gesicht der Opfer“handle.
Der 17-Jährige war am 25. September festgenommen worden, nachdem er sich unmittelbar zuvor zwei Mal an der Zwölfjährigen vergangen hatte. Für das Straflandesgericht war Tatbegehungsgefahr gegeben, daher wurde die U-Haft verhängt. Denn schon am 14. August hatte der Bursch eine 14-Jährige am Leberberg in ein Gebüsch gelockt und missbraucht, wobei er der Schülerin den Mund zuhielt, als sie schrie. Er nahm ihr auch das Handy weg, bevor er sich an ihr zu schaffen machte.
Opfern 500 Euro zugesprochen
Am 30. August sprach er die Schwester eines Freundes an und gab vor, er müsse etwas mit ihr besprechen. Er lockte die 15Jährige in ein Wohnhaus, fuhr mit dem Aufzug in den oberen Stock, begann sie zu küssen und warf sie zu Boden, als sie sich zur Wehr setzte. In weiterer Folge vergewaltigte er das ihm körperlich unterlegene Mädchen. Dreieinhalb Monate saß der Bursch in U-Haft, dann gab das OLG seiner Haftbeschwerde statt.
Die Opfer, die sich dem Strafverfahren mit einem symbolischen Betrag von jeweils 1000 Euro angeschlossen hatten, bekamen 500 Euro zugesprochen. Diese Summen hat der Angeklagte anerkannt. (APA, red)