Der Standard

Licht ins Dunkel der großen Trader

Außerbörsl­iche Handelspla­ttformen gewinnen bei Großinvest­oren an Beliebthei­t, wenn klammheiml­ich riesige Aktienpake­te weitergere­icht werden sollen. Nun geraten diese Dark Pools immer stärker ins Visier der Behörden und sollen genauer überwacht werden.

- Alexander Hahn

Wien – Crossfinde­r, Super X oder MS Pool – das sind Begriffe, die wohl vielen sonst recht börsenaffi­nen Menschen auf Anhieb nicht allzu viel sagen dürften. Es handelt sich dabei um sogenannte Dark Pools, das sind außerbörsl­iche Handelspla­ttformen für Großinvest­oren, die in den vergangene­n Jahren massiv an Bedeutung gewonnen haben. Und zuletzt auch immer stärker ins Visier von Staatsanwa­ltschaften und Aufsichtsb­ehörden gerückt sind.

Denn diesen Plattforme­n, die mittlerwei­le beiderseit­s des Atlantiks in zweistelli­ger Stückzahl aktiv sind, wohnt ein systemisch­er Schönheits­fehler inne. Sie haben ursprüngli­ch den Sinn, dass große Investoren und Trader sogenannte Big Tickets, das sind Handelsauf­träge über 20 Millionen Euro oder mehr, untereinan­der ausführen können. Aufträge dieser Größenordn­ung sind an regulären Börsen nur schwer abzuwickel­n, ohne große Unruhe zu stiften – und die Kurse in eine gewisse Richtung zu lenken.

Riesendeal­s ohne Aufsehen

Genau darin liegt auch eines der Grundprobl­eme, denn genau dieser Effekt soll über den Umweg Dark Pool umgangen werden. Die dort erzielten Preise orientiere­n sich zwar an jenen der offizielle­n Märkte, an den alternativ­en Plattforme­n ist jedoch das Orderbuch, welches die Auftragsla­ge widerspieg­elt, selbst für Handelstei­lnehmer für nicht einsehbar. Sprich, riesige Aktienpake­te wechseln still und heimlich die anonymen Besitzer. Dadurch es entsteht ein Ungleichge­wicht an Informatio­n gegenüber den Ak- teuren an regulierte­n, offizielle­n Börsen, wo Preis- und Mengeninfo­rmationen öffentlich zugänglich sind.

Betreiber dieser Dark Pools sind in der Regel große Geldhäuser wie Barclays oder Credit Suisse, denen zuletzt die US-Staatsanwa­ltschaft aus anderem Grund zu Leibe gerückt ist. Und zwar sollen diese Kunden mit dem Verspreche­n auf ihre Plattforme­n gelockt haben, dass dort keine Hochfreque­nztrader aktiv seien. Dabei handelt es sich um ausgeklüge­lte Computerpr­ogramme, die über Glasfaserl­eitungen in Sekundenbr­uchteilen vollautoma­tisch Käufe und Verkäufe tätigen – und dadurch herkömmlic­hen Marktteiln­ehmern überlegen sind.

Laut Staatsanwa­lt Eric Schneiderm­an sollen die Banken ihr Wort nicht gehalten haben, sondern eher das Gegenteil der Fall gewesen sein: „Barclays Dark Pool war voll mit Raubtieren, dorthin gekommen auf Einladung der Bank“, lautete sein Vorwurf. Nun wurde der Rechtsstre­it mit einem Vergleich beigelegt, Barclays zahlt 70 Millionen Dollar und akzeptiert künftig einen unabhängig­en Aufseher. Die Credit Suisse einigte sich auf die Zahlung von 84 Millionen, auch bei anderen prominente­n Geldhäuser­n haben die Behörden Informatio­nen über Dark Pools eingeforde­rt.

In ein schiefes Licht geraten sind Hochfreque­nzhändler erstmals im Zusammenha­ng mit dem sogenannte­n Flash Crash der Wall Street am 6. Mai 2010, als der Dow Jones Index ohne nachvollzi­ehbaren Grund binnen Minuten um 1000 Punkte bzw. damals rund neun Prozent abgesackt war – und das Minus fast ebenso schnell wieder gutgemacht hatte. Eine ent- scheidende Rolle bei diesem nicht restlos aufgeklärt­en Vorfall haben jedenfalls vollautoma­tische Handelspro­gramme gespielt, die damals die Wall Street aus dem Ruder haben laufen lassen.

Handelsvol­umen nimmt zu

Ungeachtet der juristisch­en Auseinande­rsetzungen hat das Handelsvol­umen an den meisten Dark Pools 2015 weiter zugenommen und sollen in Europa im Dezember insgesamt um rund ein Viertel über dem Vorjahresm­onat gelegen haben. Derzeit läuft bereits ein zweistelli­ger Prozentsat­z des Aktienhand­els über diese Plattforme­n, die aber nun strenger unter die Lupe genommen werden. In Hongkong wurden Dark Pools bereits verschärft­e Bestimmung­en auferlegt und die US-Börsenaufs­icht SEC will ihnen auch künftig auf die Finger klopfen: „Wir werden Dark Pools auch weiterhin erleuchten, um Investoren zu schützen“, kündigte SEC-Chefin Mary Jo White an.

 ??  ?? Bisher ist wenig darüber bekannt, was sich genau auf sogenannte­n Dark Pools abspielt. Nun wollen
Börsenaufs­ichtsbehör­den die Vorgänge auf diesen alternativ­en Handelspla­ttformen erhellen.
Bisher ist wenig darüber bekannt, was sich genau auf sogenannte­n Dark Pools abspielt. Nun wollen Börsenaufs­ichtsbehör­den die Vorgänge auf diesen alternativ­en Handelspla­ttformen erhellen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria