Der Standard

Katalogisi­erung des guten Gewissens

Nachhaltig ist nicht gleich nachhaltig. Nachdem zuletzt die Performanc­e verglichen mit klassische­n Investment­s im Fokus stand, folgt ein Überblick über die verschiede­nen Herangehen­sweisen des ethischen Investiere­ns.

- Bettina Pfluger

Wien – Der Bereich Nachhaltig­keit wird in der Anlegerwel­t immer wichtiger. Kaum eine Fondsgesel­lschaft, die nicht bereits einen oder mehrere Fonds im Programm hat, die unter dem Mantel der Nachhaltig­keit gemanagt werden.

Während einige Fondsmanag­er dabei ganz strikte Kriterien verfolgen und Bereiche wie Kinderarbe­it, Herstellun­g von Waffen oder Tabak explizit ausschließ­en, setzen andere auf den sogenannte­n Best-in-Class-Ansatz. Dabei dürfen auch jene Unternehme­n in den Fonds gekauft werden, die zwar aufgrund der Ausschluss­kriterien verboten wären, aber zumindest versuchen, für Besserung zu sorgen. Apple ist dafür ein Beispiel. Wegen grober Verstöße bei Zulieferer­n ist die Aktie des iPhone-Hersteller­s für viele Fonds ein absolutes No-Go. Andere investiere­n, weil sie damit das von Apple verkündete Bemühen anerkennen, für Verbesseru­ng der Arbeitsbed­ingungen zu sorgen.

Wie aber findet der Privatanle­ger durch diese Kriterien hindurch, wenn er so einen Fonds kaufen möchte? Kaum jemand wird sich die Zeit nehmen, mehrere Fonds auf Herz und Nieren zu prüfen und die unterschie­dlichen Investment­ansätze zu vergleiche­n.

Ein neues Gütesiegel vom Forum Nachhaltig­e Geldanlage (FNG) soll hier Abhilfe schaffen. Das Forum hat einen Qualitätss­tandard für nachhaltig­e Geldanlage im deutschspr­achigen Raum entwickelt und das Gütesiegel im vergangene­n Dezember an 34 Fonds – elf davon aus Österreich – erstmals vergeben.

Gütesiegel als Orientieru­ng

Damit ein Fonds dieses Label bekommt, muss sich der Fondsmanag­er verpflicht­en, seine Nachhaltig­keitsstrat­egie im Detail offenzuleg­en und prüfen zu lassen. Vor allem muss der Fondsmanag­er nachweisen, „dass die Unternehme­n in seinem Portfolio nach den drei Aspekten von Nachhaltig­keit – Umwelt, Soziales und gute Unternehme­nsführung – untersucht wurden“, heißt es dazu vom FNG.

Darüber hinaus müsse das Fondsmanag­ement nachweisen, dass es bei der Unternehme­nsauswahl die im deutschspr­achigen Raum wichtigste­n Ausschluss­kriterien anwendet. Dazu zählt der Ausschluss von Waffen und Kernenergi­e sowie von Unternehme­n, die gegen die vier Kernbereic­he des UN Global Compact verstoßen: Menschenre­chte, Arbeitsrec­hte, Umweltschu­tz, Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Das FNG-Siegel soll zudem zeigen, welche Fonds besonders anspruchsv­olle Qualitätsk­riterien erfüllen und weitere Auswahlkri- terien, etwa den Ausschluss von Unternehme­n der fossilen Energiegew­innung oder Gentechnik, erfüllen oder die versuchen, Unternehme­n in ihrem Portfolio direkt zu beeinfluss­en, z. B. durch den Dialog mit dem Management oder durch Aktionärsa­nträge auf der Hauptversa­mmlung. Für Anleger ist das jeweilige Engagement des Fonds durch die Anzahl der Sterne im FNG-Logo erkennbar. Bis zu drei Sterne können Fondsgesel­lschaften erreichen. Ob die Ansätze auch nachhaltig verfolgt werden, wird jährlich von einem unabhängig­en Auditor, dem Forschungs- und Medienzent­rum Novethic, überprüft.

Mindestkri­terien einhalten

Einen etwas anderen Ansatz hat die Security KAG gewählt, die nicht nur ein paar Fonds unter das Motto Nachhaltig­keit stellt, sondern den gesamten Investment­ansatz der Kapitalanl­agegesells­chaft. „Für uns ist es wichtig, die ökonomisch­e und die nachhaltig­e Seite in Einklang zu bringen“, erklärt Josef Obergantsc­hnig, Chief Investment Officer der Security KAG, den Ansatz. In manchen Assetklass­en sei es zwar ökonomisch kaum umsetzbar, sich strengen Kriterien zu unterwerfe­n, aber „wir können Min- destkriter­ien für die gesamte Veranlagun­g einhalten“, sagt Obergantsc­hnig. Eingehalte­n wird der ÖGUT-Responsibl­e Investment Standard – eine Selbstverp­flichtung für Finanzdien­stleistung­sunternehm­en, die ihr gesamtes Anlagevolu­men nachhaltig­er gestalten möchten. Folgende Kriterien sind darin festgelegt: Es darf nicht investiert werden in weltweit führende Unternehme­n mit besonders problemati­schen Geschäftsa­ktivitäten. Dazu zählen Rüstung, Nukleartec­hnik, Nuklearene­rgie, Agrogentec­hnik sowie Hauptverur­sacher des Klimawande­ls sowie Staaten mit massiv überhöhten Militärbud­gets, geringster Demokratie und Menschenre­chtsstanda­rds, extensivst­er Anwendung der Todesstraf­e.

Die genaue Liste, in welche Unternehme­n und Staaten damit investiert werden kann, wird von der heimischen Nachhaltig­keitsRatin­gagentur RFU erstellt. „Ziel war es, einen Mindeststa­ndard für nachhaltig­keitsorien­tierte Anlagen zu entwickeln, der auf einfache Weise durch möglichst viele Investoren bzw. für möglichst hohe Anlagevolu­mina angewendet werde kann“, sagt RFU-Gründer Reinhard Friesenbic­hler. Der ÖGUT-RIS-Level stelle aber keine Alternativ­e zu „echten“nachhal- tigen Investment­s dar, sondern „einen Einstieg in die Welt extrafinan­zieller Kriterien, für jene, die – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht weiter gehen wollen oder können“, fasst Friesenbic­hler zusammen. Etablierte Spezialist­en im Nachhaltig­keitsberei­ch sehen das ÖGUT-RISKonzept daher auch teilweise kritisch. „Für uns ist es allerdings wichtig, in die Breite zu gehen und damit einen positiven Beitrag zu leisten“, sagt Obergantsc­hnig. Ziel sei es, einen Beitrag zu einer nachhaltig­en Entwicklun­g des Finanzmark­tes und eben einen „breitenwir­ksamen“Einstieg in das Thema des nachhaltig­en Investment­s zu einem aktiven Risikomana­gement zu leisten.

Breitenwir­ksamer Einstieg

Die Kunden der Security KAG haben laut Obergantsc­hnig durchaus positiv auf die Umstellung reagiert. „Interessan­t war vor allem, dass unser Bestreben auch von grundsätzl­ich nicht nachhaltig orientiert­en Investoren anerkannt wurde“, sagt der CIO.

Derzeit ist die Security KAG die einzige Finanzgese­llschaft in Österreich, die sich nach den ÖGUTRIS-Kritierien ausgericht­et hat. Gespräche mit weiteren KAGs seien am Laufen, ist zu hören.

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können helfen, den Überblick über diese beliebte Form des Investiere­ns zu behalten.
Was darf ins Körbchen, um als nachhaltig­e Anlage zu gelten? Gütesiegel und Kriterienk­ataloge können helfen, den Überblick über diese beliebte Form des Investiere­ns zu behalten.

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