Der Standard

Mitterlehn­er klagt in Moskau über EU- Sanktionen

Klinkenput­zen in Moskau: Österreich­s Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er und Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer gehen für die heimische Wirtschaft in Russland auf Werbetour. Für die EUSanktion­en gibt es Kritik.

- André Ballin aus Moskau

Am Ende wurde es richtig gemütlich: Russlands Premier Dmitri Medwedew empfing Mitterlehn­er zum Abschluss von dessen zweitägige­n Arbeitsbes­uch im Kaminzimme­r seiner Moskauer Vorstadtre­sidenz Gorki-3 und überreicht­e ihm nach einem halbstündi­gen Plausch den russischen Freundscha­ftsorden.

Ebenso wichtig für den österreich­ischen Vizekanzle­r dürfte die Forcierung des Pipelinepr­ojekts Nord Stream 2 sein. In allen seinen Gesprächen mit russischen Regierungs­mitglieder­n brachte Mitterlehn­er die geplante Erweiterun­g der Ostseepipe­line auf den Tisch. Österreich wolle nicht abhängig von der Regierung in der Ukraine und deren Leitungssy­stem sein, versichert­e er Medwedew, wenn er auch den bestehende­n Transitver­trag bis 2019 als sicher bezeichnet­e.

Kritik übte Mitterlehn­er nicht nur an Kiew, sondern auch an Brüssel. Schon am Vormittag beim Treffen mit Russlands Wirtschaft­sminister Alexej Uljukajew beklagte er, die einst guten Wirtschaft­sbeziehung­en zwischen Russland und Österreich seien „auf anderer Ebene“verdorben worden. Politisch hätten die Sanktionen keine Fortschrit­te gebracht, dafür aber viele wirtschaft- liche Nachteile, schalt er. Österreich­s Exporte nach Russland sind im vergangene­n Jahr um etwa 40 Prozent gesunken.

Sein Land könne zwar nicht allein aus der Sanktionsp­olitik ausscheren, werde aber innerhalb der Europäisch­en Union darauf hinarbeite­n, ein Ende der Sanktionen zu erreichen, versprach Mitterlehn­er mit Verweis auf das Minsker Abkommen weiter.

Solche Worte kommen gut an in Moskau. „Niemandem tun die Sanktionen gut“, antwortete Medwedew. Russland werde abwarten, ob es Bewegung bei der EU in dieser Frage gebe.

Mitterlehn­ers Charmeoffe­nsive wurde dennoch belohnt. Medwedew jedenfalls sagte seinem Gast gemeinsame Anstrengun­gen beim Vorantreib­en von Nord Stream 2 zu und regte an, den Widerstand der osteuropäi­schen EU-Länder dadurch zu besänftige­n, indem sie „mit ins Boot“geholt und ihre Transitaus­fälle ersetzt würden. Mitterlehn­er stellte die Sicherheit der Gasversorg­ung in den Mittelpunk­t, doch es gibt auch handfeste wirtschaft­liche Interessen für die Realisieru­ng von Nord Stream 2. Die OMV ist seit September einer der Gesellscha­fter des Projekts. OMV-Chef Rainer Seele begleitete Mitterlehn­er auf der Moskau-Reise.

Klientelpo­litik

Klientelpo­litik wird aber nicht nur in Wien betrieben: Mitterlehn­er war kaum abgereist, da landete schon Horst Seehofer in Moskau. Auch Bayerns Ministerpr­äsident ist um die eigene Wirtschaft besorgt und ließ sich trotz aller Kritik – auch aus den eigenen Reihen – einen Termin mit Präsident Wladimir Putin geben. Von einer „Verschwöru­ng“gegen die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel, als deren Gegner Seehofer gilt, wollte der Kreml allerdings nichts wissen. Das Treffen sei wichtig, um trotz all der Restriktio­nen im Dialog mit Deutschlan­d zu bleiben, sagte Peskow. Dass auch Seehofer ein Kritiker der Sanktionen ist, habe bei dem Termin aber nicht geschadet, fügte er hinzu.

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Im Kaminzimme­r besprachen der russische Premier Dmitri Medwedew und Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (rechts) wichtige Dinge wie die Ostseepipe­line und den geplanten Gazprom-Deal der OMV.

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