Mitterlehner klagt in Moskau über EU- Sanktionen
Klinkenputzen in Moskau: Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gehen für die heimische Wirtschaft in Russland auf Werbetour. Für die EUSanktionen gibt es Kritik.
Am Ende wurde es richtig gemütlich: Russlands Premier Dmitri Medwedew empfing Mitterlehner zum Abschluss von dessen zweitägigen Arbeitsbesuch im Kaminzimmer seiner Moskauer Vorstadtresidenz Gorki-3 und überreichte ihm nach einem halbstündigen Plausch den russischen Freundschaftsorden.
Ebenso wichtig für den österreichischen Vizekanzler dürfte die Forcierung des Pipelineprojekts Nord Stream 2 sein. In allen seinen Gesprächen mit russischen Regierungsmitgliedern brachte Mitterlehner die geplante Erweiterung der Ostseepipeline auf den Tisch. Österreich wolle nicht abhängig von der Regierung in der Ukraine und deren Leitungssystem sein, versicherte er Medwedew, wenn er auch den bestehenden Transitvertrag bis 2019 als sicher bezeichnete.
Kritik übte Mitterlehner nicht nur an Kiew, sondern auch an Brüssel. Schon am Vormittag beim Treffen mit Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew beklagte er, die einst guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und Österreich seien „auf anderer Ebene“verdorben worden. Politisch hätten die Sanktionen keine Fortschritte gebracht, dafür aber viele wirtschaft- liche Nachteile, schalt er. Österreichs Exporte nach Russland sind im vergangenen Jahr um etwa 40 Prozent gesunken.
Sein Land könne zwar nicht allein aus der Sanktionspolitik ausscheren, werde aber innerhalb der Europäischen Union darauf hinarbeiten, ein Ende der Sanktionen zu erreichen, versprach Mitterlehner mit Verweis auf das Minsker Abkommen weiter.
Solche Worte kommen gut an in Moskau. „Niemandem tun die Sanktionen gut“, antwortete Medwedew. Russland werde abwarten, ob es Bewegung bei der EU in dieser Frage gebe.
Mitterlehners Charmeoffensive wurde dennoch belohnt. Medwedew jedenfalls sagte seinem Gast gemeinsame Anstrengungen beim Vorantreiben von Nord Stream 2 zu und regte an, den Widerstand der osteuropäischen EU-Länder dadurch zu besänftigen, indem sie „mit ins Boot“geholt und ihre Transitausfälle ersetzt würden. Mitterlehner stellte die Sicherheit der Gasversorgung in den Mittelpunkt, doch es gibt auch handfeste wirtschaftliche Interessen für die Realisierung von Nord Stream 2. Die OMV ist seit September einer der Gesellschafter des Projekts. OMV-Chef Rainer Seele begleitete Mitterlehner auf der Moskau-Reise.
Klientelpolitik
Klientelpolitik wird aber nicht nur in Wien betrieben: Mitterlehner war kaum abgereist, da landete schon Horst Seehofer in Moskau. Auch Bayerns Ministerpräsident ist um die eigene Wirtschaft besorgt und ließ sich trotz aller Kritik – auch aus den eigenen Reihen – einen Termin mit Präsident Wladimir Putin geben. Von einer „Verschwörung“gegen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, als deren Gegner Seehofer gilt, wollte der Kreml allerdings nichts wissen. Das Treffen sei wichtig, um trotz all der Restriktionen im Dialog mit Deutschland zu bleiben, sagte Peskow. Dass auch Seehofer ein Kritiker der Sanktionen ist, habe bei dem Termin aber nicht geschadet, fügte er hinzu.