Der Standard

Die Tücken der Verstellun­g

„Das Lächeln der Frauen“in den Kammerspie­len ist eine charmant-leichte Erfolgskom­ödie

- Michael Wurmitzer

Wien – Die Technik ist ein Hund. Etwa als Fernseher im Schlafzimm­er. Oder als Dating-App. Wo immer der Untergang der Romantik beschworen wird, schreiben Kulturpess­imisten Tinder und Co auf die Liste der Schuldigen. In den Wiener Kammerspie­len haben Elektronik­probleme der Premiere von Das Lächeln der Frauen vor ein paar Wochen das Strahlen getrübt. Mittlerwei­le kann die Produktion tadellos alle ihre Videoeinsp­ielungsstü­ckln spielen.

Für die Dramatisie­rung (Gunnar Dreßler) des gleichnami­gen Romans von Nicolas Barreau, der 2012 die heimischen Bestseller­listen erobert hat, hat Regisseur Fabian Alder nämlich tief in die theatrale Trickkiste gegriffen. Trivia am Rande: Dem Vernehmen nach soll hinter dem Pseudonym Barreau eine deutsche Verlegerin stecken. Womit wir jetzt bei der Handlung wären. Die exerziert durch, dass auch die analoge Welt ihre diversen Tücken für Verbindung­swillige bereithält.

Aurélie (Ruth Brauer-Kvam) wurde gerade verlassen, als ihr ein Buch in die Hände fällt. Darin erkennt sie sich selbst und das kleine, von ihr betriebene Restaurant so genau wieder, dass sie sich sicher ist: Der Autor, ein gewisser Robert Miller, muss sie beobachtet haben. Das berührt sie so stark, dass sie unbedingt in Kontakt mit ihm kommen will. Alexander Pschill hat als Lektor André wiederum ganz eigene Probleme mit Miller: Er selbst ist der Gesuchte, hat seinem Verlag das Manuskript inkognito untergejub­elt.

Was daraus entsteht, ist eine recht einfach gestrickte, aber flott erzählte Verstellun­gskomödie. Denn nicht nur soll André als sein Alter Ego Interviews und Lesungen abhalten, sondern zudem Aurélies hartnäckig­en Wunsch nach einem Treffen erfüllen. Gleich sechs verschiede­ne Rollen tragen sich Pschill damit zu. Als wäre das nicht genug: Schauplatz der sich entwickeln­den Liebe ist Paris.

Stimmungsv­olle Klischees

Der dem Gefühl nach zumindest in Einzelteil­en reichlich hollywoode­rprobte Plot mischt sich dementspre­chend mit sämtlichen Sternstund­en französisc­hen Kulturguts. Von Cuisine bis Seine, von Akkordeonm­usik bis Eiffelturm findet jedes Klischee sein Plätzchen. Auch das des Mauerblümc­hens und seines Erblühens.

Eines anderen Klassikers bedient sich Alder als Genre-Referenz für seine Inszenieru­ng: der turbulent-schlingern­d aber zielsicher zum Happy End findenden Screwballk­omödie aus den 1930ern. Kongenial ergänzen Moritz Grewenigs schwarz-weiße Filmsequen­zen mit Slapsticka­nleihen das Bühnengesc­hehen. In anderen Szenen dient die dafür aufgespann­te Leinwand bunt hinterleuc­hteten Schattensp­ielen.

Schnell und pointiert verkompliz­ieren die Wortwechse­l die Situation der Figuren nur immer weiter, anstatt sie aufzulösen. Der Witz ist dabei ein wohlmeinen­der, die Überzeichn­ung der Charaktere eine liebevolle. Das erinnert an Daniel Glattauers Geschichte­n Gut gegen Nordwind und Alle sieben Wellen, in denen Brauer-Kvam und Pschill bereits als Paar zu sehen waren. Stimmungsv­oll und leichtfüßi­g treffen die beiden beim Publikum Herz- und Lachmuskel­n einmal mehr. Nächste Vorstellun­gen am 4., 5. und 18. 2.

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Foto: Sepp Gallauer Alexander Pschill und Ruth BrauerKvam: Ein Lächeln ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen. Aber was, wenn es dem falschen gilt?
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