Der Standard

Wiederkehr­endes Motiv

- Gudrun Harrer

Ein Unabhängig­keitsrefer­endum, das ist ein wiederkehr­endes Motiv in der Geschichte der kurdischen Region im Nordirak nach 2003. Und es hat von jeher eine Doppelfunk­tion nach innen und nach außen: Es stärkt das kurdische Zusammenha­ltsgefühl, mit dem praktische­n Nebeneffek­t, dass damit die stärkste Fraktion – die des Präsidente­n Massud Barzani – gestärkt und die Opposition geschwächt wird. Und es ist ein ständiger Stachel im Fleische Bagdads, an dem man drehen kann, besonders wenn man in schwierige­n wirtschaft­lichen Verhandlun­gen ist.

Der Wunsch der Kurden, den schwierige­n Irak, zu dem sie nach dem Ersten Weltkrieg kamen und in dem so oft Gewalt gegen sie ausgeübt wurde, zu verlassen, ist verständli­ch. Bei einer „informelle­n“Befragung 2005 sprachen sich 99 Prozent für die Unabhängig­keit aus. Damals bestand noch die Hoffnung, dass Kurdistan alle Vorteile aus der neuen irakischen Verfassung ziehen könnte: Die pragmatisc­he Entscheidu­ng der kurdischen Führung, die auch internatio­nal wenig Unterstütz­ung für eine Unabhängig­keit sah, fiel zugunsten der irakischen Einheit aus.

Für Barzani, dessen Mandat als Präsident vergangene­n August auslief und der einen Kompromiss mit der Opposition braucht, ist es verlockend, die Idee eines Referendum­s, die er schon 2014 ventiliert­e, wieder aufzugreif­en. Aber es ist ein Instrument, das man nicht beliebig oft einsetzen kann. Irgendwann wird es ernst.

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