Der Standard

Moralische Verpflicht­ung

- Jutta Berger

Die Vorarlberg­er Integratio­nsvereinba­rung ist schlicht ein Handschlag zwischen anerkannte­n Flüchtling­en und der Landesregi­erung: Ich halte mich an die Spielregel­n in der neuen Heimat, ihr sorgt dafür, dass ich mir eine Existenz aufbauen kann. Gleichzeit­ig beruhigt die Volksparte­i mit der Androhung von Sanktionen den eigenen rechten Rand.

Die Grünen machen mit, weil das Übereinkom­men keine rechtliche­n Konsequenz­en hat. Es wird damit weder das Mindestsic­herungsges­etz geändert noch das Asylrecht ausgehebel­t. Menschen, die Kriterien für den Bezug der Mindestsic­herung nicht erfüllen, Gesetze nicht einhalten, müssen mit den gleichen Sanktionen rechnen wie bisher. Wer Arbeit verweigert, bekommt weniger staatliche Unterstütz­ung. Wer wegen eines schweren Verbrechen­s verurteilt wird, verliert den Asylstatus. Am komplexen Verfahren, das für eine Aberkennun­g notwendig ist, wird das Vorarlberg­er Papier nichts ändern. Und das ist gut so.

Die Vereinbaru­ng wird von allen Parteien mitgetrage­n. Damit sind die politische­n Konsequenz­en klar. Wer die Einhaltung von Spielregel­n von den anderen fordert, muss selber fair spielen – also Sprachkurs­e, Qualifikat­ionsprojek­te und Integratio­n in den Arbeitsmar­kt für alle und rasch ermögliche­n. Sonst entpuppt sich die Integratio­nsvereinba­rung als politische­s Placebo. Und die in Vorarlberg so gerühmte Handschlag­qualität als Klischee.

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