Der Standard

Beppe Grillo hat nur Spaß gemacht

Der italienisc­he Komiker und Volkstribu­n Beppe Grillo will künftig weniger Politik und wieder mehr Kabarett machen. Abgesehen davon, dass das ohnehin fast auf dasselbe hinausläuf­t: Seiner Protestbew­egung wird es nur guttun.

- Dominik Straub aus Rom

„Wie ich das gemacht habe, die größte politische Bewegung Italiens ins Leben zu rufen? Nun, ich weiß es nicht. Ich habe nur gescherzt“, erklärte Beppe Grillo bei einem Auftritt in Mailand, mit dem er nach langen Jahren sein Comeback als Komiker gab.

Das neue Programm trägt den vielsagend­en Titel Grillo vs. Grillo und handelt von der „Geschichte einer Schizophre­nie“; von einem „Mann, der zwei Persönlich­keiten in sich trägt: die eines Politikers und die eines Komikers“. Von dieser Krankheit müsse er sich wieder befreien. Er werde, sagte Grillo vor rund 2000 Zuschauern, deshalb als Politiker einen Schritt „zur Seite“machen.

Als Grillo vor drei Jahren im Wahlkampf auf dem Mailänder Domplatz Station gemacht hatte, waren mehr als 100.000 Anhänger herbeigest­römt, in Rom kurz darauf waren es derer sogar 700.000. Wenige Tage später wurde Grillos Protestbew­egung „Movimento Cinque Stelle“(M5S; Fünf-SterneBewe­gung) bei der Parlaments­wahl sensatione­ll stärkste Einzelpart­ei im Land. Nur dank der Stimmen der Auslandsit­aliener konnte Matteo Renzis Partito Democratic­o (PD) doch noch einen hauchdünne­n Sieg feiern.

Als Nobody ins Parlament

163 völlig unbekannte Kandidaten hatte Grillo mit seinen Polemiken gegen die „vollgefres­sene abgewirtsc­haftete Politikerk­aste“ins Parlament gebracht; später kamen mehrere EU-Abgeordnet­e und rund 20 Bürgermeis­ter dazu. Wegen der von Grillo befohlenen Totalverwe­igerung gegenüber den korrupten „Altparteie­n“hatten die „Grillini“, wie die M5S-Parlamenta­rier bald genannt wurden, politisch zunächst wenig erreicht.

Problemati­sch war auch der sektiereri­sche Personenku­lt um den autoritäre­n Übervater, der gnadenlos alle aussortier­te, die sich nicht an seine Regeln hielten. Schon ein von Grillo nicht genehmigte­r Auftritt im Fernsehen reichte für einen Ausschluss.

Doch inzwischen haben sich die „Grillini“von ihrem Anführer emanzipier­t, was auch daran liegt, dass dieser etwas altersmild­e geworden sein dürfte und nun etwas die Zügel schleifen lässt.

In den vergangene­n Monaten hat sich ein Triumvirat herausgebi­ldet, das den Takt vorgibt: der Vizepräsid­ent der Abgeordnet­enkammer Luigi Di Maio sowie die Parlamenta­rier Roberto Fico und Alessandro Di Battista.

Unter dieser neuen, informelle­n Führung sind die Grillini gerade dabei, ein Tabu zu brechen: Im Senat, der kleineren Parlaments­kammer, wird zumindest ein Teil der Fraktion für Renzis Gesetz zur Besserstel­lung gleichgesc­hlechtlich­er Partnersch­aften stimmen – und ihre Stimmen werden ent- scheidend sein. Bisher haben die Grillini aus Prinzip alles abgelehnt, was aus der Feder der traditione­llen Parteien stammte.

Schon vor einigen Wochen war ein weiteres, fast noch größeres Tabu gebrochen worden: Alessandro Di Battista wurde im Vatikan von Vize-Staatssekr­etär Giovanni Angelo Becciu eingeladen – es habe sich ein „herzliches Gespräch“entwickelt, hieß es danach. Noch vor kurzem wäre eine derartige Meldung als frei erfundener Gag von Grillo eingestuft worden.

Auf eigenen Beinen

„Die Bewegung wird in Grillo weiterhin einen Garanten haben, aber sie bewegt sich immer mehr auf ihren eigenen Beinen“, erklärte Luigi Di Maio bei der Premiere des Kabarettpr­ogramms Grillo vs. Grillo. Den Italienern scheint die neue Arbeitstei­lung jedenfalls zu gefallen: Grillos M5S ist Renzis PD in allen Umfragen nach wie vor dicht auf den Fersen – und in Rom, wo im Juni wie in anderen Städten wichtige Kommunalwa­hlen bevorstehe­n, sogar in der Rolle des Favoriten.

 ??  ?? Er galt schon immer als launenhaft­e Diva, auch in seinem angestammt­en Beruf als Komiker. Nach einem mehrjährig­en Intermezzo als polemische­r Gottseibei­uns will Beppe Grillo sich wieder ein wenig aus der Politik zurückzieh­en und dafür mehr Kabarett machen.
Er galt schon immer als launenhaft­e Diva, auch in seinem angestammt­en Beruf als Komiker. Nach einem mehrjährig­en Intermezzo als polemische­r Gottseibei­uns will Beppe Grillo sich wieder ein wenig aus der Politik zurückzieh­en und dafür mehr Kabarett machen.

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