Der Standard

Mysteriöse „Tiefsee- Socken“

Jahrzehnte­alte Frage nach Platz im Stammbaum geklärt

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San Diego / Wien – 1915 holten Forscher eine Kreatur aus der Tiefsee vor Südschwede­n, deren Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse für beinahe hundert Jahre rätselhaft blieben. Das seltsame Wesen besitzt nur eine Körperöffn­ung, weder Augen noch Kiemen und praktisch keine inneren Organe. Es ernährt sich vermutlich von Muscheln – wie es das macht, ist allerdings unklar.

In den letzten 60 Jahren wanderte die wenige Zentimeter lange Lebensform durch diverse Seitenäste des Stammbaums, ohne eine endgültige Heimat zu finden: Zunächst verortete man Xenoturbel­la bocki bei den Plattwürme­rn, in den 1990er Jahren wurde das Tier als Ergebnis einer missglückt­en Genuntersu­chung irrtümlich unter die Mollusken eingereiht. Zuletzt rückte man es in die Nähe von Stachelhäu­tern.

Nun haben Biologen um Greg Rouse von der University of California in San Diego in kalifornis­chen und mexikanisc­hen Gewässern vier neue Xenoturbel­la-Arten aus über 1.000 Metern Meerestief­e geholt – eine Entdeckung, die endlich Licht in die systematis­che Verwirrung bringt: Die „purpurnen Socken“– so der Spitzname, den die Forscher den Wesen verpassten – dürften laut Nature eine sehr ursprüngli­che Form zweiseitig symmetrisc­her Tiere darstellen und eine Geschwiste­rgruppe der sogenannte­n Neumünder bilden, zu denen die Chordatier­e und damit auch der Mensch zählen.

Die nun erfolgte korrekte Einordnung von Xenoturbel­la ist allerdings nicht nur von rein taxonomisc­her Bedeutung. „Sie hilft uns auch dabei, die Vorgänge am Beginn der Evolution zu rekonstrui­eren“, erklärt Rouse. (tberg)

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Wesen endlich zu ihrer korrekten taxonomisc­hen Einordnung.
/ Die Entdeckung vier neuer Xenoturbel­la-Arten verhalf den seltsamen Wesen endlich zu ihrer korrekten taxonomisc­hen Einordnung.

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