Studie beschreibt dramatische Lage in Syrien
Bürgerkrieg soll bereits 470.000 Todesopfer gefordert haben
Der Bürgerkrieg in Syrien hat einer neuen Studie zufolge schon weitaus mehr Todesopfer gefordert als bisher angenommen. Der britische Guardian zitierte am Donnerstag einen Bericht des „Syrischen Zentrums für Politikforschung“(SCPR), dem zufolge etwa 470.000 Menschen in dem Konflikt ihr Leben verloren haben.
400.000 davon seien bei Kampfhandlungen getötet worden, weitere 70.000 seien ums Leben gekommen, weil medizinische Versorgung, sauberes Wasser oder Unterkünfte fehlen. Der Erhebung zufolge sind in dem Krieg mehr als elf Prozent der Bevölkerung getötet oder verletzt worden.
Die Vereinten Nationen (UN) hatten in einer früheren Schätzung von 250.000 Toten gesprochen. Mitte 2014 wurden die UNZählungen allerdings eingestellt. Als Grund wurde mangelnder Zugang zu vertrauenswürdigen Quellen angegeben. Das SCPR konnte bis vor kurzem von Damas- kus aus operieren, Erhebungen zu den Opferzahlen wurden in weiten Teilen des Landes durchgeführt.
„Wir verwenden sehr genaue Recherchemethoden und sind von der Korrektheit unserer Zahlen überzeugt“, erklärte der Autor des Berichts, Rabie Nasser, dem Guardian. Mit Kritik an der syrischen Regierung von Machthaber Bashar al-Assad und seinen Verbündeten, darunter Russland und der Iran, hält sich das SCPR eher zurück. Dennoch warnte die Organisation am Donnerstag vor einer weiteren Verschlechterung der Lage durch die Offensive der Regierungstruppen und ihrer Verbündeten im Norden der Provinz Homs. Die Versorgungswege für 120.000 Menschen seien abgeschnitten, es drohe eine Hungersnot.
Das Ausmaß der syrischen Katastrophe ist nicht nur auf Basis der Zahl von Todesopfern und Verletzten zu erahnen. Die Studie gießt den bedrückenden Alltag im Land noch in weitere Zahlen. So hätten seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor fünf Jahren etwa 13,8 Millionen Syrerinnen und Syrer die Quelle für ihren Lebensunterhalt verloren. Insgesamt 45 Prozent der Bevölkerung seien auf der Flucht – mehr als sechs Millionen Menschen innerhalb des Landes, etwa vier Millionen im Ausland.
Kurden eroberten Flugfeld
In der nordsyrischen Provinz Aleppo haben kurdische Kämpfer nach Angaben von Aktivisten indes einen strategisch wichtigen Luftwaffenstützpunkt eingenommen. Das teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien in der Nacht zum Donnerstag mit. Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) hätten mit ihren arabischen Verbündeten Islamisten und andere Kämpfer von dem Stützpunkt Minnigh und aus der angrenzenden gleichnamigen Stadt vertrieben. (red)