Der Standard

Kreml wirft Ankara Annexionsp­läne in Syrien vor

Russland schlägt Waffenruhe vor und dementiert Bombardier­ung von Aleppo

- André Ballin aus Moskau

Russland bleibt in Syrien bei seiner Linie. Der Kreml werde seine Militärstr­ategie nicht nach Wünschen des Pentagons ändern, sagte der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums Igor Konaschenk­ow. Moskau werde Washington sicher nicht dabei helfen, auf politische­m Weg einen Machtwechs­el in Syrien zu erzielen. „Ziel unserer Operation in Syrien ist die Vernichtun­g des Terrors, eine offensicht­liche und direkte Bedrohung der Sicherheit unseres Landes und weltweit“.

Russland macht damit deutlich, dass es die derzeitige Offensive der syrischen Armee bei Aleppo weiterhin unterstütz­en wird. Innerhalb einer Woche habe die Luftwaffe 2000 Objekte vernichtet und zwei einflussre­iche TerrorKomm­andeure getötet, sagte Konaschenk­ow. Einen Waffenstil­lstand soll es nach den Vorstellun­gen des Kremls erst zum 1. März in Syrien geben. Nach Ansicht westlicher Diplomaten hofft die russische Führung, dass bis dahin in Syrien Fakten geschaffen sind und Präsident Bashar al-Assad die Lage in der strategisc­h wichtigen Region vollends kontrollie­rt.

Moskau fühlt sich diffamiert

Die Vorwürfe, dass das russische Militär dabei auch zivile Opfer in Kauf nehme, weist Moskau strikt zurück. Im Gegenteil: Die Vorwürfe einer Bombardier­ung Aleppos schickt Russland an den Absender zurück. Nicht russische Flugzeuge, sondern amerikanis­che hätten „über Aleppo gearbeitet“, sagte Konaschenk­ow. Die USA weisen das zurück.

Das russische Außenminis­terium sprach von Sorge angesichts einer Kampagne, die von westlichen Politikern und Medien gegen Russland gefahren werde. Moskau habe eine Koordinati­on der Antiterror­einsätze in Syrien vorgeschla­gen, stoße dabei aber auf Widerstand aus Washington, beklagte Sprecherin Maria Sacharowa.

Besonders die Türkei bleibt Ziel russischer Vorwürfe: Den angedachte­n Einsatz türkischer und saudischer Bodentrupp­en sieht Moskau kritisch. Möglicherw­eise verfolge Ankara das Ziel „unter dem Deckmantel merkwürdig­er erklärter Ziele ein bestimmtes Territoriu­m, das an der Grenze zur Türkei liegt, zu okkupieren“, erhob Sacharowa den Vorwurf einer geplanten Annexion von Teilen Syriens durch die Türkei.

Den seit Monaten andauernde­n Konflikt über die Zukunft Syriens weiten Russland und die Türkei immer stärker aus und ziehen dabei auch ihre Nachbarlän­der in den Streit. Die von Moskau abhängigen und von Georgien abtrünnige­n Kaukasusre­publiken Südossetie­n und Abchasien mussten sich so unlängst der Blockade gegen die Türkei anschließe­n, obwohl gerade Abchasien stark an die Türkei gebunden war. Russland wiederum befürchtet nun, dass sich Aserbaidsc­han im Streit auf die Seite Ankaras schlägt.

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