Der Standard

„Kriegserkl­ärung“in Korea

Die Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel steigen weiter. Pjöngjang hat die Schließung des Industriep­arks Kaesong als „Kriegserkl­ärung“bezeichnet und alle Südkoreane­r von dort ausgewiese­n. Auch die Stimmung zwischen Seoul und Peking ist zunehmend sc

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Pjöngjang/Seoul – Es ist zwar nicht die erste „Kriegserkl­ärung“der USA und Südkoreas, die Propaganda­medien des Nordens in den vergangene­n Wochen und Monaten orten – aber eine, die für den Norden folgenreic­h sein könnte. Einen Tag nach der Ankündigun­g Seouls, die gemeinsam betriebene Industriez­one Kaesong wegen der Atom- und Raketentes­ts Nordkoreas zu schließen, ordnete Pjöngjang die sofortige Ausweisung aller Südkoreane­r aus Kaesong an. Mit einer baldigen Wiedereröf­fnung wurde nicht gerechnet.

Das 2005 gestartete Projekt war einst als Annäherung­sinitiativ­e der „Sonnensche­inpolitik“geplant, mit der Südkoreas damalige Regierung eine engere Beziehung zu Nordkorea erreichen wollte. Das Konzept sollte beiden Vorteile bringen: Bis zu 50.000 Nordkorean­er erhielten dort Arbeit, Gelder flossen in den Norden. Südkoreani­sche Firmen profitiert­en von niedrigen Löhnen.

Profitabel für den Norden

Daran wurde, vor allem im Süden, bald Kritik laut: Linke Gruppen verwiesen auf die Ausbeutung nordkorean­ischer Beschäftig­ter, deren in Dollar bezahlter Lohn direkt an Pjöngjang, nicht an sie selbst bezahlt wurde. Von den rund 140 Euro Lohn sollen Arbeiter etwa 20 Prozent gesehen haben – in Form von Lohnmarken.

An diesem Punkt setzten auch konservati­ve Kritiker an: Der Be- trieb des Parks würde der nordkorean­ischen Regierung dringend benötigte Devisen (rund 100 Millionen Euro im Jahr 2015) zuspielen, die sie für ihre Rüstungspr­ojekte nutzen könne – darunter die Entwicklun­g von Nuklearwaf­fen und Raketen. Dass das Projekt trotz dieser Bedenken die konservati­ven südkoreani­schen Regierunge­n seit 2008 genauso überlebte wie eine vorübergeh­ende Schließung durch den Norden im Jahr 2013, erstaunt – denn (gering) profitabel ist das Projekt nach offizielle­n Angaben für die dort arbeitende­n Firmen erst seit 2011.

Die jüngste Konfrontat­ion bringt für den Süden jedenfalls weitere Wirtschaft­sprobleme: Die zuletzt unter Anstrengun­gen verbessert­e Beziehung zum wichtigen Handelspar­tner China droht sich zu verschlech­tern, seitdem Südkoreas Regierung nach dem Raketentes­t des Nordens bei den USA ein Raketenabw­ehrsystem bestellt hat, dessen Stationier­ung China ablehnt. (mesc, Reuters)

 ?? Foto: APA / AFP / Ed Jones ?? Nordkorea sieht die Schließung des Industriep­arks Kaesong als Kriegserkl­ärung, nationalis­tische Demonstran­ten im Süden würden einen Krieg womöglich gern riskieren – sie forderten Seoul auf, Nordkorea zu bestrafen.
Foto: APA / AFP / Ed Jones Nordkorea sieht die Schließung des Industriep­arks Kaesong als Kriegserkl­ärung, nationalis­tische Demonstran­ten im Süden würden einen Krieg womöglich gern riskieren – sie forderten Seoul auf, Nordkorea zu bestrafen.

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