Im Sog der Mindestsicherung
Höhere Leistung führt nicht zu stärkerem Andrang
Wien – Höhere Leistungen führen zu einem Anstieg der Bezieher: Mit diesem Argument fordert ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka eine Beschränkung der Mindestsicherung und prangert vor allem Wien als viel zu freigiebig an. Gibt es diese Sogwirkung wirklich? Die Armutskonferenz hat die Statistik durchforstet – und kommt auf ganz andere Ergebnisse.
Die bedarfsorientierte Mindestsicherung hat 2011 die Sozialhilfe ersetzt, ab 2012 gibt es vergleichbare Daten. Seit damals ist die Zahl der Bezieher am stärksten in der Steiermark gewachsen, und zwar um 31 Prozent, dahinter folgen Niederösterreich und Oberösterreich ( siehe Grafik). In diesen Ländern wird aber keinesfalls die üppigste Mindestsicherung ausbezahlt. Am großzügigsten sind laut Berechnung der Armutskonferenz Vorarlberg, Tirol und Salzburg. In besonders hohen Zu- wachsraten schlägt sich dieser Umstand freilich nicht nieder.
Anders als behauptet, führten höhere Leistungen nicht zu einem stärkeren Andrang, sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz: „In Wahrheit gibt es da keinen Zusammenhang. Die Realität ist nicht so simpel, wie man uns glauben machen will.“
Das viel gescholtene Wien weist ein vergleichsweise niedriges Plus auf, liegt aber bei der Gesamtzahl weit vorne: Acht Prozent der Wiener Haushalte haben 2014 zumindest einmal Mindestsicherung bezogen. Doch auch das lasse sich nicht mit der Leistungshöhe erklären, ist die Hauptstadt diesbezüglich doch nur im Mittelfeld: Die Armutskonferenz rechnet dabei nicht nur die Mindeststandards pro Person ein, sondern auch zusätzliche Leistungen wie die regional sehr unterschiedlichen Zuschüsse für Wohnkosten. (jo)