Der Standard

Schellings Millionenf­orderung bleibt ein Traum

600 Millionen Euro der EU für Versorgung der Flüchtling­e nur „Anstoß zur Debatte“

- Thomas Mayer aus Brüssel

Er habe mit der für das Budget zuständige­n EU-Kommissari­n Kris-talina Georgiewa ein „äußerst konstrukti­ves Gespräch“geführt. Es sei in Brüssel verstanden worden, dass ein Land wie Österreich, das bei der Aufnahme von Flüchtling­en seine Verpflicht­ungen bei weitem übererfüll­e, einen Ausgleich verlange. Das erklärte Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling am Donnerstag zum Auftakt der Eurogruppe in Brüssel zu seiner Forderung an die EU-Kommission nach einer Kompensati­onszahlung im Volumen von 600 Millionen Euro an Österreich.

Er hatte diesen Wunsch vor einer Woche in einem Brief an Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker deponiert. Das Thema stand offiziell nicht auf der Tagesordnu­ng der Eurogruppe, und auch nicht bei den Finanzmini­stern der EU-28, die im Anschluss daran tagen.

Dennoch wollte Schelling es seinen Kollegen „zur Kenntnis bringen“. Denn: „Entscheide­nd ist, dass endlich eine europäisch­e Solidaritä­t entsteht“, sagte er nach der Unterredun­g mit Georgiewa. Entweder komme es bald zu der von der Kommission vorgeschla­genen fairen Aufteilung der Flüchtling­e auf alle EU-Staaten, oder aber „es muss eine Abgeltung geben“, so Schelling. Die Kommis- sarin habe ihm zugesagt, dass die zur Verfügung stehenden EUFonds im Budget auf diesbezügl­ich deutlich mehr Flexibilit­ät hin geprüft werden müssten. Beim informelle­n Finanzmini­stertreffe­n in Amsterdam Mitte April will sie dazu einen Vorschlag zu Diskussion stellen.

Der Finanzmini­ster zeigte sich dazu sehr zufrieden, denn es sei sein Hauptziel gewesen, dass „eine europäisch­e Debatte entsteht, wir wollen den Druck erhöhen“. Viel mehr kann Österreich im Moment auch nicht erwarten, wurde dem Standard aus der Kommission bestätigt. Die budgetäre Lage ist, insbesonde­re was die Flüchtling­shilfe betrifft, sehr angespannt. Gemeinsam mit dem EU-Parlament wurden alle Reserven mobilisier­t, um die beschlosse­nen Maßnahmen finanziere­n zu können. Schelling kann also – wenn überhaupt – nur mit einem Bruchteil seiner Forderung rechnen, im unteren zweistelli­gen Millionenb­ereich.

Fairer Schlüssel

Er rechnete in Brüssel vor, dass Österreich 2015 nach einem fairen Schlüssel nur 35.000 Flüchtling­e hätte versorgen müssen, tatsächlic­h seien es 90.000 gewesen, mit Kosten von 11.000 pro Person. Daraus ergebe sich der geforderte Betrag. Schelling sieht sich als „Vorreiter“. Auf jeden Fall will er erreichen, dass die 600 Millionen Euro nicht im Defizitver­fahren angerechne­t werden – was realistisc­h ist. In der Eurogruppe wurde über die Probleme anderer Staaten wie Italien beraten, die Euroverpfl­ichtungen einzuhalte­n, ebenso über die Schwierigk­eiten von Portugal und Griechenla­nd, ihre Europrogra­mme und Budgetpfad­e wie geplant umzusetzen. So kann auch Schelling mit Milde der Budgethüte­r in Brüssel rechnen, was die Ausgaben für Flüchtling­e betrifft.

 ?? Foto: APA / Helmut Fohringer ?? Finanzmini­ster Schelling blitzte mit der Verteilung der Lasten durch Flüchtling­e vorerst ab.
Foto: APA / Helmut Fohringer Finanzmini­ster Schelling blitzte mit der Verteilung der Lasten durch Flüchtling­e vorerst ab.

Newspapers in German

Newspapers from Austria