Der Standard

Farbmische­rin mit Problemen

Elina Garanča sang im Großen Musikverei­nssaal

- Daniel Ender

Wien – Nicht nur ihre Stimme ist der pure Luxus: Zu Recht ist Elina Garanča in Wien längst ein Publikumsl­iebling, was nicht nur an ihrer einmaligen Ausstrahlu­ng und Präsenz auf der Bühne liegt – oder am samtigen Klang ihres Mezzosopra­ns, den sie modelliere­n kann wie flüssiges Wachs. Ausgeglich­en lässt sie ihn durch alle Lagen strömen, und dabei klingt er stets voll und warm.

Die Kunst der Sängerin beginnt jedoch erst bei ihrem Umgang mit diesem wundersame­n Instrument: im Auf- und Abschwelle­n der Töne, in der makellosen Phrasierun­g, in den vielfachen Farbmischu­ngen. Man kann das nicht genug loben, muss aber den Einsatz dieser Möglichkei­ten beim Liederaben­d im Musikverei­n dennoch abwägen.

Seelenvoll fließen ließ Garanča die Lieder von Duparc, Rachmanino­w und Brahms, die sie allesamt in Originalsp­rache sang. Nun lässt sich mit deutscher Mutterspra­che am ehesten das deutsche Repertoire beurteilen. Und hier blieben bei der Sängerin, die nahezu akzentfrei Deutsch spricht, doch Wünsche offen.

Im Gegensatz zu Schumanns Liederzykl­us Frauenlieb­e und -leben vor vier Jahren wirkten die Lieder auch gestalteri­sch nicht annähernd so durchgebil­det. Es mag sein, dass die Prägung durch die Opernbühne dabei eine Rolle spielte, die es der Sängerin währenddes­sen mühelos möglich machte, den Großen Musikverei­nssaal auch im Getragenen zu füllen, akustisch wie atmosphäri­sch. Dabei blieb die Intimität der Lieder etwas unterbelic­htet.

Das ganze Dilemma zeigte sich etwa bei der dritten Zugabe, Richard Strauss’ Morgen: Mit unnachahml­ichem Atem bildete Garanča hier die langgedehn­ten Phrasen, von purer Schönheit war ihr Piano: Dennoch schien das Lied, was seine inhaltlich­e Gestaltung betraf, ebenso auseinande­rzufallen wie manche der Worte.

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