Farbmischerin mit Problemen
Elina Garanča sang im Großen Musikvereinssaal
Wien – Nicht nur ihre Stimme ist der pure Luxus: Zu Recht ist Elina Garanča in Wien längst ein Publikumsliebling, was nicht nur an ihrer einmaligen Ausstrahlung und Präsenz auf der Bühne liegt – oder am samtigen Klang ihres Mezzosoprans, den sie modellieren kann wie flüssiges Wachs. Ausgeglichen lässt sie ihn durch alle Lagen strömen, und dabei klingt er stets voll und warm.
Die Kunst der Sängerin beginnt jedoch erst bei ihrem Umgang mit diesem wundersamen Instrument: im Auf- und Abschwellen der Töne, in der makellosen Phrasierung, in den vielfachen Farbmischungen. Man kann das nicht genug loben, muss aber den Einsatz dieser Möglichkeiten beim Liederabend im Musikverein dennoch abwägen.
Seelenvoll fließen ließ Garanča die Lieder von Duparc, Rachmaninow und Brahms, die sie allesamt in Originalsprache sang. Nun lässt sich mit deutscher Muttersprache am ehesten das deutsche Repertoire beurteilen. Und hier blieben bei der Sängerin, die nahezu akzentfrei Deutsch spricht, doch Wünsche offen.
Im Gegensatz zu Schumanns Liederzyklus Frauenliebe und -leben vor vier Jahren wirkten die Lieder auch gestalterisch nicht annähernd so durchgebildet. Es mag sein, dass die Prägung durch die Opernbühne dabei eine Rolle spielte, die es der Sängerin währenddessen mühelos möglich machte, den Großen Musikvereinssaal auch im Getragenen zu füllen, akustisch wie atmosphärisch. Dabei blieb die Intimität der Lieder etwas unterbelichtet.
Das ganze Dilemma zeigte sich etwa bei der dritten Zugabe, Richard Strauss’ Morgen: Mit unnachahmlichem Atem bildete Garanča hier die langgedehnten Phrasen, von purer Schönheit war ihr Piano: Dennoch schien das Lied, was seine inhaltliche Gestaltung betraf, ebenso auseinanderzufallen wie manche der Worte.