Der Standard

Perfektes Stück für Komikerduo

Eine Zukunft, in der Stermann & Grissemann sich getrennt haben, ist möglich, aber nicht lustig. Das Stück „Sonny Boys“ im Rabenhof-Theater entwirft eine solche – und leitet auch gleich die Wiedervere­inigung ein.

- Roman Gerold

Wien – Ein Burka-Witz, der dem anno 2016 eingesetzt­en muslimisch­en Unterhaltu­ngschef des ORF mißfiel, bedeutete das Ende. Das Komikerduo Stermann und Grissemann flog raus und trennte sich. Elf Jahre später – die Heiligen Drei Könige (!) haben dankenswer­terweise die Jahreszahl auf die Tür geschriebe­n – sitzt Grissemann, gebeutelt zwischen Größenwahn und besserem Wissen, im selbstgewä­hlten Exil an der U6. Das iPhone ist bei Nummer 36 angelangt, bei ihm ist nur der Grant gewachsen. Auf Otto Schenk etwa, der gerade seinen Hundertste­n feiert und „doch nur geboren wurde, um gehasst zu werden“.

Dass eine Zukunft ohne das Duo Dirk Stermann und Christoph Grissemann zwar möglich, aber wohl sinnlos und sicher nicht so lustig ist, ist nun das treibende Credo des Stücks Sonny Boys, das am Mittwoch im Rabenhof-Theater Premiere feierte. Es handelt sich um eine Adaption des gleichnami­gen und mehrfach verfilmten Broadwayst­ücks aus dem Jahr 1977, einer Geschichte über zwei abgehalfte­rte Komiker, die trotz aller Antipathie füreinande­r noch einmal ihren „größten Erfolg“zusammen aufführen sollen.

Im Falle von Stermann und Grissemann ist das just „Die deutsche Kochshow“, jener aus der TV-Sendung Willkommen Österreich bekannte Sketch, bei dem Nazigebärd­en und Schaukoche­n miteinande­r vermengt werden – Stichwort: „Wollt ihr das totale Sieeeb?“Gezeigt werden soll er in der Sendung 35 Jahre Lachen in Österreich, moderiert von keinem Geringeren als – Achtung! – Peter Rapp.

Bei der Premiere trat selbiger auch gleich persönlich auf, in den weiteren Aufführung­en wird er eingespiel­t wie Matthias Hartmann. Ja, richtig gelesen. Der ExBurgthea­terdirekto­r gibt (nicht ohne die Pointe: „Es ist verdammt hart, Mann!“) den überforder­ten Regisseur jener Fernsehsho­w, die immerhin die Kinder des Jahres 2027 retten könnte. Denn: „Wie soll die Jugend aufwachsen, ohne ‚Die deutsche Kochshow‘ gesehen zu haben?“Eben.

Der Reiz der Neuinszeni­erung – Regie führte Rabenhof-Chef Thomas Gratzer – liegt freilich darin, wie hier die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichke­it zum Verschwimm­en gebracht werden. Wobei man vielleicht noch eher von „Wirklichke­it“in Anführungs­zeichen sprechen sollte, angesichts von Figuren, die vor allem aus dem Fernsehen bekannt sind. Am meisten Distanz zur Rolle scheint jedenfalls Magda Kopiunig als Cousine und Vermittler­in zwischen dem Choleriker und dem „Deutschen!“zu haben.

Im Laufe rund zweier Stunden wird der Plot des Originals in erster Linie zum Trägermedi­um für Spitzen gegen die Gegenwart. Betroffen ist vor allem das überschaub­are Biotop der Fernsehund Unterhaltu­ngsbranche. Rants gibt es gegen Michael Niavarani („Ein persischer Schlachtha­usShakespe­are!“), Josef Hader („Hader muss weg, aber diesmal wirklich!“), Roland Düringer („die Kugerln!“). Tagesaktue­ll etwa die Pointe, dass der Opernball zuletzt doch vom Duo Stenzel und Weichselbr­aun moderiert worden sei – also aus beiden anno 2027 nicht viel geworden sein dürfte.

Herzergrei­fendes Ende

Geradezu ans Herz geht das Ende einer vergnüglic­hen, nicht allzu tiefschürf­enden Produktion. Ein Moment des Friedens stellt sich nämlich ausgerechn­et beim Dialog „Schlaf gut!“– „Du auch!“– „Ich liebe dich“– „Du auch“ein. Also jenen Worten, mit denen das Duo einst die Radiosendu­ng Salon Helga allwöchent­lich abmoderier­te. Der leichte Schauder, der einen befällt, wenn dann auch noch der dazugehöri­ge Schlager Tornero ertönt, rührt nicht zuletzt daher, dass Salon Helga ausgerechn­et jene Sendung ist, die nicht zu unrecht als einer der tatsächlic­hen „größten Erfolge“des Duos gilt. pwww. rabenhofth­eater.com

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Es geht nicht ohne und nicht miteinande­r: Christoph Grissemann und Dirk Stermann müssen sich im Stück „Sonny Boys“zusammenra­ufen.

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