Der Standard

Syrien: Bomben auf Aleppo

Es gibt viel Skepsis über die in der Nacht zum Freitag beschlosse­ne Waffenruhe. Der Westen forderte Moskau bei der Sicherheit­skonferenz auf, die Bombardeme­nts einzustell­en – vorerst vergebens.

- Christoph Prantner aus München

In München herrscht Skepsis über die vereinbart­e Feuerpause. Russland bombardier­te Aleppo inzwischen weiter.

Der deutsche Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier blieb schon in der Nacht zum Freitag äußerst vorsichtig: Durchbruch sei ein großes Wort, ließ er wissen. Und von einem solchen wolle er im Zusammenha­ng mit der kurz zuvor in München vereinbart­en Feuerpause für Syrien nicht sprechen. In der Tat ist die Übereinkun­ft, die Waffen schweigen zu lassen, ein „wichtiger erster Schritt“(so der türkische Außenminis­ter Melvut Cavusoglu), aber eben nur der Anfangspun­kt für einen langen Marsch durch die Mühen der Ebene. Das zeigte sich bereits im Laufe des Freitags.

Feuerwechs­el

Die russische Luftwaffe und auch die syrischen Streitkräf­te hielten ihre Operatione­n über und um Aleppo unverminde­rt aufrecht. Nachrichte­nagenturen meldeten weiterhin Bombardeme­nts und Feuerwechs­el.

Der französisc­he Verteidigu­ngsministe­r Jean-Yves le Drian erklärte dazu mit Nachdruck bei der Sicherheit­skonferenz in München, die Waffenruhe könne nur funktionie­ren, wenn auch Russland und die Streitkräf­te von Präsident Bashar al-Assad umgehend ihre Feindselig­keiten einstellte­n. Auch Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g drängte in München auf die sofortige Umsetzung der Feuerpause.

Danach hörten sich die Stellungna­hmen insbesonde­re aus Damaskus zunächst allerdings nicht an: In einem – am Donnerstag geführten und am Freitag erschienen­en – Interview mit der Nachrichte­nagentur AFP erklärte Assad, er werde sich sein Land zur Gänze wieder zurückhole­n. Die russische Seite ließ verlauten, dass die Übereinkun­ft „in naher Zukunft“umgesetzt werden würde. Ausgenomme­n davon seien, wie vereinbart, die Milizen des IS und der Al-Nusra-Front.

Die Vereinbaru­ng sieht vor, dass die Umsetzung der Feuerpause binnen einer Woche beginnt. Zudem sollen humanitäre Missionen freien Zugang zu mehreren belagerten Gebieten in Syrien kommen. Drittens soll ein Prozess zur Bildung einer Übergangsr­egierung begonnen werden. Die USA und Russland wollen alle drei Punkte mit einer neu eingericht­eten Arbeitsgru­ppe begleiten.

In München wollten einander am Freitagabe­nd erneut Diplomaten treffen, um das weitere Vorgehen abzustecke­n. Unklar war vor- erst, ob die in Genf ausgesetzt­en Syrien-Friedensge­spräche wieder aufgenomme­n werden. Der UnoSonderg­esandte für Syrien, Staffan de Mistura, strebte nach der Verständig­ung jedenfalls eine möglichst rasche Wiederaufn­ahme an.

Spezialtru­ppen vom Golf

Bewegung kam auch in die zuletzt diskutiert­e Entsendung von Truppen aus der Region nach Syrien: US-Verteidigu­ngsministe­r Ash Carter sagte am Freitag, dass Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) die syrische Opposition mit Spezial- einheiten gegen die Islamisten­miliz IS unterstütz­en wollen. Dazu gehörten auch die Anstrengun­gen zur Rückerober­ung der Stadt Raqqa, so Carter in Brüssel. Insbesonde­re sunnitisch­e Araber in Syrien sollten die Möglichkei­ten erhalten, ihre Gebiete von der ebenfalls sunnitisch­en IS-Miliz zurückzuer­obern.

Vertreter der Vereinigte­n Arabischen Emirate hätten ihm zudem versichert, sich wieder an den USLuftangr­iffen gegen den IS zu beteiligen, sagte Carter. Eine ähnliche Zusage hatte er am Vortag von Saudi-Arabien erhalten.

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Foto: AFP / Christof Stache In der Nacht zum Freitag wurden die Beschlüsse der Syrien-Unterstütz­ungsgruppe in München verkündet. Die Atmosphäre dabei war angespannt und nicht besonders hoffnungsf­roh.

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