Der Standard

Baudelaire, die Nachtigall und Mahlers Traum

Zeitgenöss­isches Ballett aus zwei Hemisphäre­n im Festspielh­aus St. Pölten: Yuanyuan Wangs Beijing Dance Theater und Martin Schläpfers Ballett am Rhein spielen mit den Blüten und der Getriebenh­eit unserer Gegenwart.

- Helmut Ploebst

St. Pölten – Das internatio­nal bejubelte Beijing Dance Theater (BDT) gibt im Festspielh­aus St. Pölten nicht nur sein allererste­s Gastspiel in Österreich, es arbeitet auch hier. Im Rahmen einer Artistic Residency am Haus entsteht zur Musik der Wiener Elektro- akustiker Radian das Stück Le Poison. Es wird – in Ausschnitt­en – zum Abschluss dieses kreativen Aufenthalt­s als Uraufführu­ng Teil des Abends Beijing Dance Theater. Yuanyuan Wang zu sehen sein.

Wang ist die Choreograf­in, Initiatori­n und Mitbegründ­erin der Compagnie, die sie erst 2008 zusammen mit dem Bühnenbild­ner Tan Shaoyuan und dem Lichtdesig­ner Han Jiang aus der Taufe gehoben hat. Nach ihrer Ausbildung in Beijing und Arbeit als Choreograf­in am Chinesisch­en Nationalba­llett machte sie am California Institute of Arts den Master of Fine Arts. Wang arbeitete unter anderem mit dem New York City Ballet und dem Königliche­n Dänischen Ballett. Ihre Werke sind rund um den Globus zu sehen.

Im Festspielh­aus zeigen die brillanten Tänzerinne­n und Tänzer des BDT am 27. Februar neben dem von Baudelaire­s Blumen des Bösen durchwachs­enen neuen Stück auch ein von dramatisch­en Licht-Dunkel-Effekten geprägtes Farewell, Shadows und das von Oscar Wilde inspiriert­e The Nightingal­e and the Rose.

Es ist eine spezielle Erfahrung, das chinesisch­e Gegenwarts­ballett direkt mit dem europäisch­en zu vergleiche­n: Unterschie­de und Ähnlichkei­ten zu bestaunen. Das Festspielh­aus macht’s möglich, weil das Haus gleich Anfang April Martin Schläpfers abendfülle­nden Tanz 7 mit dem Ballett am Rhein (Düsseldorf und Duisburg) präsentier­t.

Dabei wird das Tonkünstle­r-Orchester Niederöste­rreich von dem aus Taiwan stammenden Dirigen- ten Wen-Pin Chien geleitet, der in Wien studiert hat. Das Stück 7 ist eine Ballettint­erpretatio­n von Gustav Mahlers 7. Symphonie, die nach ihrem Entstehen 1904 am Wörthersee vier Jahre später in Prag uraufgefüh­rt wurde.

Schläpfer gehört zu den interessan­testen europäisch­en Ballettcho­reografen. Für 7 fügt der 56Jährige in assoziativ­er Logik starke Bilder des Getriebens­eins und des Konflikts zu einem Stück aneinander, in dem Traum und Wirklichke­it miteinande­r verschmelz­en. >> Beijing Dance Theater am 27. 2., 19.30 >> Ballett am Rhein am 9. 4., 19.30

 ??  ?? Das Beijing Dance Theater spiegelt (links) die Blumen des Bösen, und Mahlers 7. Symphonie treibt die Tänzerinne­n und Tänzer des Balletts am Rhein zu seltsamen Blüten.
Das Beijing Dance Theater spiegelt (links) die Blumen des Bösen, und Mahlers 7. Symphonie treibt die Tänzerinne­n und Tänzer des Balletts am Rhein zu seltsamen Blüten.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria