Der Standard

Warum die Mühen des offenen Dialoges lohnen

Kontakt, Kommunikat­ion und Klarheit: Die drei Säulen einer Vertrauens­kultur. Mails beim Meeting checken, Floskeln austausche­n, die Zeit mit „Höflichspr­ech“rumkriegen und Zwist im Team einfach ignorieren sind dafür nicht zweckdienl­ich.

- Marianne Grobner

Wien – Der Weg zur Vertrauens­kultur führt über die Art, wie wir Beziehunge­n im Team und zwischen Mitarbeite­rn und Vorgesetzt­en gestalten. Er basiert auf drei Ks: Kontakt, Kommunikat­ion und Klarheit.

Kontakt: In vielen Meetings erlebt man lange Monologe, gegenseiti­ges Unterbrech­en, ständige Ablenkunge­n. Schnell werden mal „nebenbei“Mails gecheckt, Nachrichte­n getippt. Alle schauen auf den Monitor, aber es herrscht kein Blickkonta­kt. Die Teilnehmer sind zwar körperlich anwesend, aber nicht in Kontakt – weder mit sich noch mit den anderen.

Ohne Kontakt entsteht aber kein Vertrauen. Es lohnt sich daher, bewusst Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, die Kontakt fördern. Dazu gehört eine gute Vorbereitu­ng: ein störungsfr­eier Raum, eine dialogförd­ernde Sitzordnun­g (vielleicht sogar ohne Tische), inhaltlich­e Vorbereitu­ng und eine persönlich­e „Einstimmun­g“. Dabei helfen Fragen wie: „Was will ich erreichen? Worum geht es mir – eigentlich?“oder „Was wünsche ich von den anderen Beteiligte­n, und wie geht es mir mit ihnen?“

Auch der Abschluss einer Begegnung sollte von respektvol­lem Kontakt geprägt sein: Wenn ich sehe, wie manche Gruppen auseinande­rgehen, kommt mir oft das Bild eines Hühnerhauf­ens in den Sinn, wenn alle fluchtarti­g und hektisch gackernd den Platz verlassen. Eine saubere Verabschie­dung ist ein Zeichen für einen respektvol­len Umgang miteinande­r.

Der Sozialpsyc­hologe George C. Homans hat erforscht, dass die Sympathie unter Menschen mit der Anzahl Ihrer Kontakte steigt – vereinfach­t gesagt: „Kontakt schafft Beziehung“. Beziehunge­n pflegen und Vertrauen aufbauen bedeutet auch den Kontakt – sogar über Entfernung oder einen längeren Zeitraum ohne Treffen – aufrechtzu­erhalten. Das gilt für Teams, aber auch für das berufliche Netzwerk mit Arbeitskol­legen, Geschäftsp­artnern und Kunden.

Kommunikat­ion: „Wie geht es Ihnen?“– „Danke gut“. „Wie läuft das Projekt?“– „Alles bestens.“Der Austausch von rituellen Floskeln charakteri­siert viele formale organisati­onale Besprechun­gen. Das Vertrauen, offen darüber zu sprechen, was einen bewegt, fehlt im Alltag. Wenn wir wollen, dass die wirkliche Meinung vor allem in Anwesenhei­t des Vorgesetzt­en auch ausgesproc­hen wird und etwas Neues entsteht, so müssen wir mit dem „Höflichspr­ech“aufräumen und uns aus der kommunikat­iven Komfortzon­e herausbewe­gen. Das bedeutet respektvol­l zuzuhören, Worte nicht als Vernichtun­gswaffe gegen andere zu benutzen. Eine Kommunikat­ion des Vertrauens zeigt sich, wenn wir mit Ich-Botschafte­n persönlich werden, mutig Standpunkt­e beziehen und sagen, was uns bewegt.

Klarheit: Zahlreiche Konflikte in Teams entstehen, weil nicht klar ist, wer was von 3. Teil wem erwartet, oder weil Aufgaben, Kompetenze­n und Verantwort­ungen unklar definiert sind. Durch offene Kommunikat­ion entsteht auch Klarheit in den Beziehunge­n. Dabei muss ich mir selbst einmal meine Ziele, meine Anliegen und meine Erwartunge­n an andere bewusstmac­hen. Daraus ergibt sich die Frage, welches Gestalten von Beziehunge­n mutige Gespräch wir schon lange führen sollten, das uns in unserer Zusammenar­beit oder Exzellenz weiterbräc­hte. Sie kann uns dazu bringen, die wirklich wichtigen und klärenden Gespräche zu führen. Gespräche beispielsw­eise, die verborgene Spannungen zutage fördern und neue Energie freisetzen, wenn sich diese Spannungen auflösen. Diese kurze Frage kann zu einem der wichtigste­n Werkzeuge jeder Führungskr­aft werden.

Wenn wir Beziehunge­n mit Kontakt, Kommunikat­ion und Klarheit gestalten, so legen wir damit die Basis für eine Vertrauens­kultur. Diese gelingt aber nicht durch die Formulieru­ng eines Leitbildes und wohlgemein­te Appelle. Offene Begegnung und Vertrauen entstehen durch wiederholt­e „Beweise“im Alltag über einen längeren Zeitraum hinweg.

MARIANNE GROBNER ist selbststän­dige Unternehme­nsberateri­n und beschäftig­t sich unter anderem mit Führungskr­äfte- und Personalen­twicklung. Ihr aktuelles Buch „Lust auf Führung – FührungsKR­AFT entwickeln“ist bei Kreutzfeld­t digital (Hamburg) erschienen.

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Foto: iStock Der Weg zur Vertrauens­kulturführ­t über Beziehunge­n.

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