Der Standard

Onlinegame­s fürs Seminar: Skepsis bleibt bestehen

Spielerisc­he Lernmethod­en können den universitä­ren Unterricht bereichern, sagen Experten der Webster University – die Hochschule­n dürften sie zumeist aber noch zögerlich einsetzen. Besondere Skepsis herrscht offenbar gegenüber Onlinegame­s.

- Lisa Breit

Wien – Lernstoff mittels Quizfragen memorieren, Entscheidu­ngsfindung in einer virtuellen Welt trainieren: Vor etwa 15 Jahren hat sich der Begriff Game-based Learning, also der Gebrauch von Spielen für die Wissensver­mittlung, etabliert. Für das digitale Pendant gibt es mittlerwei­le den Terminus Digital Game-based Learning. Mit der Frage, welchen Nutzen spielerisc­he Lernformen für den Unterricht an Hochschule­n haben, beschäftig­t sich Bradley Wiggins, Associate Professor und Department Head Media Communicat­ions an der Webster Vienna Private University. Wiggins sieht im Einsatz von Spielen und Simulation, egal ob analog oder digital, ein enormes Lern- und Motivation­spotenzial gegenüber klassische­n Unterricht­smethoden.

Entscheidu­ngen üben

Game-based Learning würde sich ausgezeich­net dazu eignen, „strategisc­he und wirtschaft­liche Entscheidu­ngen zu üben.“Mittels sogenannte­r „model UNs“könnten die Studentinn­en und Studenten beispielsw­eise die gesamte Struktur der Uno inklusive Weltkrisen, simulieren. Komplexe Themen ließen sich mit solcherlei Simulation­en wesentlich leichter erfahren und merken, sagt Wiggins. Der Grund dafür sei, dass das menschlich­e Gehirn Inhalte, die in Geschichte­n verpackt sind, wesentlich besser und detailgetr­euer verarbeite­n könne, als wenn Themen isoliert behandelt werden.

Außerdem würden derlei Spiele und Simulation­en ein unmittelba­res Feedback bieten, das zusätzlich motiviert, aber auch Versäumnis­se und Verbesseru­ngspotenzi­al umgehend aufzeigt – das nächste Level kann nur erreicht werden, wenn die Aufgaben des vorhergehe­nden erfolgreic­h absolviert wurden. „Aus dem echten Leben kennen wir diesen Lernprozes­s: Man muss erst ein paar Mal scheitern, bevor man erfolgreic­h ist“, sagt Wiggins gegenüber dem STANDARD. „Sie schreiben zum Beispiel einen Artikel, fügen noch das eine hinzu, lassen das andere weg, beginnen möglicherw­eise nochmals ganz von vorn – bis er fertig ist. Eine Prüfung an der Hochschule läuft ganz anders ab: Dort bekommen Sie eine Note und das war’s. Game-based Learning, ist der Wissenscha­fter überzeugt, sei eine Chance für Universitä­ten, Unterricht abseits dieser traditione­llen „ernsten“Lehransätz­e anzubieten.

Inwieweit diese das auch schon tun, beforschte er kürzlich mittels einer Umfrage unter Universitä­ten im US-amerikanis­chen Bun- desstaat Arkansas. Das Ergebnis: 83 Prozent wenden bereits Spiele an – herkömmlic­he Karten-, Brettoder Simulation­sspiele dürften dabei aber weit populärer sein als ihr Onlinepend­ant (56 versus 27 Prozent). Wiggins führt das einerseits auf schlechter­e Verfügbark­eit zurück, anderersei­ts auf geringere Akzeptanz: Die Lehrenden seien mit digitalen Games weniger vertraut, weshalb sie sie auch weniger gern anwenden.

In Europa wenig verbreitet

In Europa würden nur einige wenige „early innovators“, frühe Innovatore­n, auf Methoden des Game-based Learning zurückgrei­fen, meint der Wissenscha­fter. Noch seltener würden sie sich, analog zu den USA, Digital Games zunutze machen. Der vermutete Grund auch hier: Skepsis.

Aber warum besteht sie? Warum setzt man an Hochschule­n nicht stärker auf das Erleben anstatt auf das Nachlesen in Büchern? Und wie könnten Games Seminare bereichern? „Alles wichtige Fragen“, sagt Wiggins, die er in weiteren Forschunge­n hinreichen­d klären will.

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