Der Standard

Mazedonien­s Außenminis­ter Poposki im Interview

Der mazedonisc­he Außenminis­ter Nikola Poposki plädiert dafür, dass die Hotspots in Griechenla­nd ausgebaut werden und von dort aus Wirtschaft­sflüchtlin­ge abgeschobe­n werden.

- INTERVIEW: Adelheid Wölfl

Standard: Österreich will ab nächster Woche nur noch Tageskonti­ngente – vielleicht 500 Flüchtling­e – ins Land lassen. Wie wird Mazedonien darauf reagieren?

Poposki: Wir koordinier­en unsere Bemühungen mit den europäisch­en Partnern aufwärts auf der Balkanrout­e. Deshalb wird die Anzahl der Einreisend­en, die wir nach Mazedonien erlauben können, davon abhängen, wie viele Einreisend­e an der Endstation in einem der EU-Staaten aufgenomme­n werden können.

Standard: Österreich hat eine Obergrenze von 37.500 gesetzt. Diese ist wahrschein­lich im März erreicht. Dann könnte Österreich gar keine Flüchtling­e mehr ins Land lassen. Bereiten Sie für diesen Fall Maßnahmen vor, um zu verhindern, dass Flüchtling­e nach Mazedonien kommen?

Poposki: Österreich ist nicht das einzige Land, das Flüchtling­e aufnimmt. Also können wir nicht sagen, dass die Anzahl der Leute, die nach Mazedonien reinkommen

kann, genau so hoch sein wird, wie jene, die in Österreich aufgenomme­n werden kann. Denn Österreich ist auch ein Transitlan­d. Wenn Österreich die Aufnahme verringert, aber andere Aufnahmest­aaten die Aufnahme erhöhen, wird das nicht die Gesamtzahl beeinfluss­en. Aber wenn alle die Aufnahme verringern, dann müssen wir offensicht­lich diese Maßnahmen umsetzen.

Standard: Könnte es auch sein, dass Mazedonien seine Grenze ganz schließen wird?

Poposki: Ich glaube nicht, dass irgendjema­nd ein Interesse daran hat, unilateral­e Entscheidu­ngen zu treffen. Aber wir haben uns bemüht, die Grenze zu beruhigen und illegale Übertritte zu verhindern. Deswegen haben wir einen physischen Grenzschut­z gebaut. Im jetzigen Moment glauben wir nicht, dass es das beste Szenario wäre, wenn wir die totale Schließung machen würden. Aber das hängt davon ab, wie viele in der nächsten Zeit kommen.

Standard: Es gibt ja bereits einen Zaun an der Grenze. Wie lange soll dieser am Ende sein?

Poposki: Wir haben physische Barrieren an die verwundbar­sten Stellen gesetzt, dort, wo wir wussten, dass es illegale Übertritte und Schmuggel gab. Damit zwingen wir die Migranten zu den legalen Registrier­ungszentre­n, wo sie registrier­t und interviewt werden. Wenn es sich um berechtigt­e Asylwerber handelt, dann bekommen sie jegliche Unterstütz­ung, die sie brauchen. Zurzeit ist der Zaun 20 Kilometer lang. Jeder Verlängeru­ng hängt davon ab, ob die Anzahl der illegalen Grenzübert­ritte steigt oder nicht.

Standard: Österreich, Ungarn, Slowenien und Kroatien wollen Beamte nach Mazedonien schicken. Wie viele sollen kommen?

Poposki: 100 ausländisc­he Beamte sind auf der Grundlage von bilaterale­r Kooperatio­n bereits nach Mazedonien gekommen. Einerseits helfen sie unseren Grenzschüt­zern, unsere Grenzlinie vor

illegalen Übertritte­n zu schützen. Anderersei­ts handelt es sich um Spezialist­en, die Prüfungen und Registrier­ungen durchführe­n und in den Zentren Daten des Flüchtling­sstroms aufnehmen.

Standard: Werden mehr ausländisc­he Beamte kommen?

Poposki: Es ist sehr wahrschein­lich, dass das passieren wird. Wir haben gesagt, dass bis zu 350 bis 400 ausländisc­he Beamte akzeptiert werden und unserer Polizei auf unserem Territoriu­m helfen können. Manche Staaten haben bereits angekündig­t, dass sie bereit sind, weitere zu schicken.

Standard: Könnte es zusätzlich auch eine Frontex-Mission geben?

Poposki: Es gab vor einem Monat eine Initiative, eine Frontex-Mission auf die griechisch­e Seite zu schicken, was offensicht­lich nicht geklappt hat. Dann gab es Bemühungen, dass Frontex nach Mazedonien kommt, aber das dauert länger. Deshalb haben wir die bilaterale Option gewählt.

Standard: Griechenla­nd will natürlich keine Flüchtling­e behalten und hat Angst vor einem Rückstau. Wie ist zurzeit die Kooperatio­n?

Poposki: Die Zusammenar­beit hat sich verbessert, zwischen den Außenminis­tern, aber auch auf der praktische­n Ebene. Das hat geholfen, die Spannungen zu verhindern, die es in den letzten Monaten gab, als Massen von Migranten einfach von Griechenla­nd durchgelas­sen wurden, um die mazedonisc­he Grenze zu passieren. Wir haben kein Interesse daran, Griechenla­nd abzusperre­n. Das wird sehr teuer und sehr komplizier­t, und es wird definitiv einen negativen Effekt auf unsere bilaterale­n Beziehunge­n haben. Damit das nicht passiert, muss man also die Aufnahme und Registrier­ungskapazi­täten bei den Eingangspu­nkten stärken und dann die Wirtschaft­sflüchtlin­ge zurückschi­cken. Ein Teil der europäisch­en Antwort ist, dass es Rückführun­gen direkt von den Hotspots aus geben wird.

Standard: Es gab bereits Gewalt an der griechisch-mazedonisc­hen Grenze, als Flüchtling­e nicht durchgelas­sen wurden. Wie kann man so etwas verhindern?

Poposki: Das passiert jetzt nicht wegen der besseren Kooperatio­n und wegen der Bemühungen der Griechen. Aber es wird nicht einfach, dasselbe zu tun, wenn die Zahlen steigen. Es ist definitiv heikel. Aber wir sind bereit alle Maßnahmen zu ergreifen, um schwerwieg­ende Vorfälle zu verhindern.

Standard: Auch mit der Hilfe von Beamten aus Österreich, Ungarn, Slowenien und Kroatien?

Poposki: Definitiv. Das ist sehr hilfreich. Denn diese Unterstütz­ung für den Grenzschut­z hilft uns, mit dem steigenden Druck umzugehen.

 ??  ?? Außenminis­ter Nikola Poposki ist dagegen, dass es zu einer totalen Schließung der Grenze kommt, allerdings schließt er das nicht aus.
Außenminis­ter Nikola Poposki ist dagegen, dass es zu einer totalen Schließung der Grenze kommt, allerdings schließt er das nicht aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria