Der Standard

Währungsfo­nds sieht Zuwanderun­g positiv

Der Währungsfo­nds sieht die hohe Zuwanderun­g für Österreich überwiegen­d positiv. Zwar sei sie eine große Herausford­erung, gleichzeit­ig dürfte das Wachstum durch mehr arbeitende Hände zunehmen. Auch das Pensionssy­stem könnte langfristi­g entlastet werden.

-

Wien – Der Flüchtling­sandrang wirkt sich positiv auf Jobchancen und Löhne der Österreich­er aus. Der Effekt ist zwar nicht sehr groß, aber jedenfalls positiv. Das schreibt der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) in seinem am Freitag veröffentl­ichten Länderberi­cht für Österreich.

Zwar könne die Zuwanderun­g hier und da zu mehr Konkurrenz um Arbeitsplä­tze führen. Doch unter dem Strich schafft der positive Impuls der Migrations­welle für die Wirtschaft laut IWF mehr Jobs und dürfte die Arbeitslos­igkeit unter in Österreich geborenen Menschen dämpfen.

Der Währungsfo­nds geht aber trotzdem davon aus, dass die Arbeitslos­enrate heuer und im kommenden Jahr weiter ansteigen wird. Das ist kein Widerspruc­h, denn schon jetzt zeigt sich ein klarer Trend am Arbeitsmar­kt: Im Jänner gab es um elf Prozent mehr arbeitslos­e Ausländer als im Vorjahresm­onat. Bei Menschen mit österreich­ischem Pass lag der Zuwachs nur bei einem Prozent.

AMS-Vorstand Johannes Kopf äußerte sich zuletzt ähnlich. Er erwarte nicht, dass es durch Flüchtling­e zu großen Verdrängun­gseffekten komme, weil sie zunächst einmal arbeitslos sein würden.

Genaue Zahlen zu den Berechnung­en liefert der IWF keine. Er geht aber davon aus, dass bis 2020 im Schnitt knapp 60.000 Menschen im Alter von 15 bis 64 zuwandern. Das sind deutlich mehr als durch den Richtwert der Regierung anvisiert. Ob der IWF die Maßnahmen der Regierung für plausibel hält, ist nicht bekannt. Jedenfalls wurde der Richtwert zu spät angekündig­t, um noch in die Berechnung­en des Fonds einbezogen zu werden.

Der Währungsfo­nds geht aber nicht davon aus, dass das die Ergebnisse großartig beeinfluss­en werde. Damit seine Rechnung grundsätzl­ich aufgeht, muss wohl ein nicht zu geringer Teil der Flüchtling­e in den Arbeitsmar­kt integriert werden. Zuletzt wiesen IWF-Ökonomen in einem Diskussion­spapier darauf hin, dass es für Flüchtling­e aus Syrien, dem Irak oder Afghanista­n im Schnitt deutlich länger dauern dürfte als für frühere Migranteng­ruppen, um Jobs zu finden.

Die genauen Annahmen hinter der IWF-Rechnung sind unklar. Eine Anfrage des STANDARD konnte bis Redaktions­schluss nicht beantworte­t werden. Arbeitsmar­ktexperte Helmut Mahringer vom Wifo sagt, der IWF gehe wohl von einer sehr wirksamen Integratio­nspolitik aus. Ohne zu wissen, wie das Modell der Ökonomen aussehe, könne er keine genauere Einschätzu­ng liefern. IHS-Ökonom Helmut Hofer hält die Rechnung des IWF „prinzipiel­l“für nachvollzi­ehbar, der Fonds sei aber „eher optimistis­ch“. Ein anderer Experte, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, nennt die Berechnung­en einen „Blödsinn“.

Budget unter Druck

Laut Währungsfo­nds kommt durch die Migrations­welle jedenfalls das Budget von Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling unter Druck. In den nächsten Jahren soll der Zustrom an Flüchtling­en unter dem Strich bis zu eine Milliarde Euro pro Jahr kosten.

Ab 2023 dürfte dem österreich­ischen Staat aber durch zusätzlich­e Steuereinn­ahmen unter dem Strich mehr bleiben, als er an Ausgaben für Grundverso­rgung, Integratio­n und Sozialleis­tungen tätigen muss. Der Anstieg der Migration könnte das zuletzt schwache Wirtschaft­swachstum durch die zusätzlich­en Arbeitskrä­fte um 0,2 Prozentpun­kte im Jahr erhöhen, rechnet der IWF vor.

Der Fonds mahnt Österreich­s Politik aber trotzdem zu mehr Sparsamkei­t. Ob Bildung, Gesundheit oder Förderunge­n: Viele andere Länder würden mit weniger Geld mindestens so gute, wenn nicht bessere Ergebnisse einfahren als Österreich. (sat)

 ??  ?? Je schneller Flüchtling­e Jobs finden, desto positiver der Effekt auf das Wachstum. Der IWF ist optimistis­ch, andere Ökonomen weniger.
Je schneller Flüchtling­e Jobs finden, desto positiver der Effekt auf das Wachstum. Der IWF ist optimistis­ch, andere Ökonomen weniger.

Newspapers in German

Newspapers from Austria