Der Standard

Vollwertig­e Gebetsmühl­en

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Werteverfa­ll und Kriegsrhet­orik greifen um sich. Die Welt steht nimmer lang. Aber es gibt noch Hoffnung. Was Minister Sebastian Kurz als Wertevermi­ttlung anstieß, greift der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel dankbar auf. Und zwar endlich fair verteilt auf alle. Das ist vermutlich einer der wenigen Vorschläge eines ÖVPPolitik­ers, der etwas fordert, das Arm und Reich, links und rechts, inländisch und zugewander­t gleicherma­ßen betrifft.

Ein kleines Morgengebe­t, eine Miniwertef­ibel zur gebetsmühl­enartigen Verwendung in jeder Schule. Nicht vorzustell­en, wie schön es für achtjährig­e Kinder sein wird, Folgendes täglich hinunterzu­leiern: „Ich bekenne mich zur Republik Österreich und ihrer Verfassung und achte die österreich­ischen Gesetze und Grundwerte ... Mann und Frau sind in Österreich gleichgest­ellt, und jeder Mensch hat das Recht, sein Leben selbstbest­immt zu gestalten.“Vorbild dabei: die USA.

Diese Art der frühen Indoktrini­erung hat zwar auch in der UdSSR trotz aller Hoffnung nicht zur völligen Gleichscha­ltung der Versuchsob­jekte geführt und im Endeffekt sogar Ausreißer wie Anna Politkowsk­aja, Pussy Riot und Wladimir Sorokin hervorgebr­acht.

Dass diese Sätzlein laut Blümel aber vor allem Wien betreffen sollen, ist wirklich nicht nachvollzi­ehbar: Ein kurzer Blick in die oberösterr­eichische Regierung zeigt, dass an der Geschlecht­erparität auch dort dringend gefeilt werden sollte.

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