USA: Streit um Nachbesetzung im Supreme Court
Republikaner fordern Moratorium bis zur Präsidentenwahl im November
Kaum hatte die Meldung von Antonin Scalias Tod die Runde gemacht, begann auch schon das Tauziehen um seine Nachfolge. Die Neubesetzung des vakanten Postens ist ein Streitfall, der sich bis November durch den gesamten Wahlkampf der Präsidentschaftskandidaten ziehen könnte. Zum einen liegt es daran, dass der Supreme Court im politischen System der USA mehr Gewicht hat, als man es aus den meisten anderen Ländern kennt. Zum anderen ist das Gericht durch eine derart delikate Machtbalance geprägt, dass es auf eine kleine Revolution hinausliefe, wollte man daran etwas ändern.
Angesiedelt in einem Marmorpalast mit korinthischen Säulen ist es der Ort, an dem die wirklich wichtigen Debatten des Landes stattfinden. Während sich Demokraten und Republikaner im Kongress oft in kleinkarierten Scharmützeln aufreiben, werden hier die großen Gesellschaftsfragen verhandelt. Der Supreme Court hat 1973 die Abtreibung erlaubt, 1954 hat er die Weichen zum Ende südstaatlicher Rassentrennung gestellt – lange bevor das Parlament mit Gesetzen nachzog. Neun auf Lebenszeit ernannte Richter, angetan mit schwarzen Roben, geben einander feierlich die Hände, bevor sie ihre Sitzungen beginnen. Ihr versammelt euch zu einem gemeinsamen Zweck, soll das Ritual signalisieren.
Dabei symbolisieren die einen das konservative, die anderen das progressive Amerika, je nachdem, ob der Präsident, der sie ernannte, Republikaner war oder Demokrat. Im Frühjahr stehen einige Fälle an, über die beide Parteien aufs Heftigste streiten – in einem Wahljahr wohl noch heftiger als sonst. Zum Beispiel muss das Gericht darüber befinden, ob der Präsident verfassungskonform handelte, als er rund vier Millionen ohne Aufenthaltsgenehmigung im Land lebende Immigranten vor der Abschiebung bewahrte.
Weichenstellung
Schon jetzt sprechen die Kandidaten im Rennen ums Weiße Haus von der besonderen Bedeutung der Wahl 2016, weil der oder die Nächste im Oval Office unter Umständen drei neue Richter ernennt und damit für lange Zeit die Weichen stellt. Geht es nach den Republikanern, soll Obama bis zu seinem Abschied vom Amt darauf verzichten, einen Nachfolger Scalias zu nominieren. Für den Fall, dass er es dennoch tut, haben sie härtesten Widerstand angekündigt, immer vorausgesetzt, dass ihnen die Personalie missfällt. Min- destens 60 Senatoren müssen der Ernennung zustimmen. Da die Republikaner derzeit über 54 der 100 Senatssitze verfügen, wäre ihre Blockade vermutlich erfolgreich.
Mitch McConnell, ihr Fraktionschef in der kleineren Parlamentskammer, hat bereits angekündigt, eine Nominierung zu verhindern. Obama solle sich bescheiden und die Entscheidung dem nächsten Präsidenten überlassen. Harry Reid, McConnells Gegenspieler in den Reihen der Demokraten, sieht das anders. „Es wäre präzedenzlos in der jüngeren Geschichte des Supreme Court, sollte ein Posten ein Jahr lang unbesetzt bleiben“, sagte er. Obama seinerseits spricht davon, dass er seiner Verfassungspflicht nachkommen und einen Nachfolger benennen werde. Ihm bleibe, fügt er hinzu, noch sehr viel Zeit, um dies zu tun.