Antonin Scalia 1936–2016
Der US-Höchstrichter war erzkonservativ und humorvoll
Washington – Antonin Scalia war ein Original, stockkonservativ in seinen Ansichten und zugleich so unterhaltsam, dass es Zeitgenossen gab, die allein wegen seiner Auftritte zu den Anhörungen ins Oberste Gericht im Washingtoner Regierungsviertel kamen. Im vergangenen Sommer hat man ihm sogar eine Oper gewidmet, ihm und seiner Freundschaft mit Ruth Bader Ginsburg, seiner progressiven Gegenspielerin am Supreme Court, mit der er sich privat bestens verstand, obwohl beruflich zwischen den beiden Welten lagen.
Als die Neunerrunde der Höchstrichter Barack Obamas Gesundheitsreform für verfassungskonform erklärte, sprach Scalia mit charakteristischem Sarkasmus von verbalem Apfelmus. Der Staat, heißt es im Text des „Affordable Care Act“, habe jene OnlineBörsen zu organisieren, an denen Interessenten die Angebote der Krankenversicherungen vergleichen können. Während das Weiße Haus darauf beharrte, mit dem Passus sei das Staatswesen als großes Ganzes gemeint, bestanden konservative Kritiker auf einer engeren Auslegung. Das Wort Staat bedeute: der einzelne Bundesstaat. Ergo, argumentierten sie, verstoße die Föderation gegen den Buchstaben des Gesetzes, wenn sie in Überschreitung ihrer Vollmachten Versicherungsbörsen einrichte. Als eine Richtermehrheit den Einspruch der ObamaGegner abwies, kommentierte Scalia mit der ihm eigenen Schärfe: Wo käme man denn hin, wenn Worte keine Bedeutung mehr hätten? „Zu semantischem Apfelmus!“Es war, im Juni 2015, der Moment, in dem er zum letzten Mal richtig für Aufsehen sorgte.
Sohn von Einwanderern
1986 von Ronald Reagan ernannt, war der Sohn italienischer Einwanderer das, was US-Juristen einen Verfassungsfundamentalisten nennen. Die lange vorherrschende Auffassung, nach der man Paragrafen, die im späten 18. Jahrhundert zu Papier gebracht wurden, nicht immer wörtlich nehmen könne, lehnte er ab.
In der Praxis führte das zu einem kategorischen Nein zum Abtreibungsrecht wie zur Homo-Ehe oder zu Bestimmungen, die junge Afroamerikaner bei gleicher Eignung bei der Studienplatzvergabe bevorteilten.
In seiner wohl wichtigsten Urteilsbegründung, welche er 2008 niederschrieb, sprach Scalia Privatbürgern das Recht zu, Schusswaffen zu besitzen, um sich im Gefahrenfall verteidigen zu können. Damit setzten sich die Gegner strengerer Kontrollen gegen jene durch, die dafür plädierten, dass man der Armee oder der Polizei angehören müsse, um eine Waffe tragen zu dürfen.
Der 79-jährige Scalia starb während eines Jagdwochenendes auf einer Ranch im westlichen Texas im Schlaf. Mit seiner Frau Maureen McCarthy, mit der er seit 1960 verheiratet war, hatte er neun Kinder. (fh)