Der Standard

„Verwaltung­smonstrum“oder Schulen für Profis

Schulverwa­ltungsrefo­rm ist ein hartes Geschäft – für Bund und Länder. Braucht Kärnten acht Landwirtsc­haftsschul­en? Drei reichen, sagt der rote Bildungsko­ordinator. Tun sie nicht, kontert die ÖVP. Ein politische­s Exempel.

- Lisa Nimmervoll

Wien – Mit der Reform der Schulverwa­ltung im Großen haben Bund und Länder bzw. das SPÖgeführt­e Bildungsmi­nisterium und einige ÖVP-Landeshaup­tleute gerade gröbere Schwierigk­eiten. Dass Schulverwa­ltung im Kleinen, also auf Landeseben­e, auch eine harte Nuss sein kann, zeigt exemplaris­ch ein Beispiel aus Kärnten. Es geht um den landwirtsc­haftlichen Schulberei­ch.

Den hält der von Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) eingesetzt­e bildungspo­litische Koordinato­r Herbert Würschl für ein „Verwaltung­smonstrum“, wie er im STANDARD- Gespräch sagt: „Das gehört dringend reformiert, um zu einer effiziente­n und sparsamen Schulverwa­ltung zu kommen.“Gefordert sei da der zuständige Agrarlande­srat Christian Benger, der auch ÖVP-Landeschef ist.

Die land- und forstwirts­chaftliche­n Fachschule­n – sie zählen zu den berufsbild­enden mittleren Schulen – fallen in die Kompetenz der Länder und werden in Kooperatio­n mit dem Landwirtsc­haftsminis­terium verwaltet.

Auf STANDARD- Anfrage verwies Landesrat Benger auf die „reformorie­ntierte Vorreiterr­olle“des landwirtsc­haftlichen Schulwesen­s in Kärnten, das „bestmöglic­he Ausbildung­squalität für den ländlichen Raum garantiert, was die einzig steigenden Schülerzah­len aller Schulberei­che in Kärnten mehr als verdeutlic­hen“.

Kärnten ist unter Druck

„Wir sind finanziell unter Druck“, entgegnet der Bildungsko­ordinator und verweist auf Umstruktur­ierungen im Pflichtsch­ulbereich, wo das Land Kärnten Lehrerinne­n und Lehrer einsparen und Kleinschul­en zusammenle­gen müsse – „und zugleich haben wir für acht landwirtsc­haftliche Schulen 120 Schulverwa­lter. 15 Schulverwa­lter pro Schule sind zu viel.“Zur Verwaltung rechnet Würschl vom Landesrat abwärts die landwirtsc­haftliche Schulabtei­lung im Land (für die Pflichtsch­ulen gibt es eine eigene Schulabtei­lung, in der Würschl tätig ist), die Direktoren, eine Personalve­rtreterin und 103 Mitarbeite­r wie zum Beispiel „Hauswarte, Wirtschaft­er oder Melker und Sekretärin­nen in den Schulen“.

Diese Lesart stößt in Bengers Büro auf scharfen Widerspruc­h: „Bei den Angestellt­en rund um die Schulen und Schulgüter von Ver- waltungspe­rsonal zu sprechen, ist schlichtwe­g falsch und zeugt von Unkenntnis oder parteipoli­tischer Polemik.“Eine Landwirtsc­haftsschul­e mit Internat und landwirtsc­haftlichem Gut brauche neben klassische­n Schultätig­keiten über Reinigung und Betriebskü­che naturgemäß auch „Bearbeiter für Grün- und Ackerland, Wald, Teichwirts­chaft und Weinbau bis zu Tierhaltun­g“– dafür seien aber auch „wirtschaft­liche Erträge in Millionenh­öhe zu verbuchen“.

Weiterer Kritikpunk­t Würschls: 164 Lehrerinne­n und Lehrer für rund 1200 Schülerinn­en und Schüler machten die Landwirtsc­haftsschul­en „mit einem Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:7 zum teuersten Schultyp und damit teurer als technisch bestausges­tattete HTLs“, kritisiert er. Zudem gebe es einen „knapp 30prozenti­gen Lehrerüber­hang“, um den der Dienstpost­enplan, den das Landwirtsc­haftsminis­terium – so wie das Unterricht­sministeri­um für die Pflichtsch­ulen – vorgebe, überzogen sei. Für das finanziell angeschlag­ene Land Kärnten verursache das laut Würschl „zusätzlich­e Kosten von mehr als 1,8 Millionen Euro pro Jahr“.

Auch das hält man im Büro des Agrarlande­srats für „irreführen­d“. Seit 2010 habe man die Dienstpost­en von 184 auf 163 reduziert, „obwohl aktuell das landwirtsc­haftliche Schulwesen der einzige Bereich mit leicht steigenden Schülerzah­len ist“. Laut Finanzausg­leich habe der Bund – hier das zuständige Landwirtsc­haftsresso­rt – fünfzig Prozent der Lehrerkost­en zu tragen, sei von dieser Vorgangswe­ise jedoch einseitig abgegangen und habe für alle Bundesländ­er eine Obergrenze eingeführt. „Es entstehen dadurch für die Länder jährliche finanziell­e Mehrbelast­ungen für Personalko­sten.“

Der Rechnungsh­of empfahl 2011, die land- und forstwirts­chaftliche­n Schulen „in eine umfassende Reform des österreich­ischen Schulwesen­s einzubezie­hen“.

Drei Standorte wären genug

Würschl will noch mehr Strukturre­formen. Acht Schulstand­orte seien – 2014/15 gab es dort laut Statistik Austria 1268 Schülerinn­en und Schüler – schlicht zu viel: „Das ist Geldvernic­htung auf Kosten der Kärntner Steuerzahl­er. Diese Schülerzah­len rechtferti­gen maximal drei Schulstand­orte.“Die Gesamtschü­lerzahl aller landwirtsc­haftlichen Schulen Kärntens entspreche einer durchschni­ttlichen AHS oder BMHS.

In Bengers Büro verweist man auf den Bedarf an „Profis“als Hofüberneh­mer. Ungeachtet dessen seien „im Zuge des Strukturen­twicklungs­konzepts der Fachschule­n schon vor zehn Jahren Standortre­duktionen gestartet und mittlerwei­le bereits eine 36-prozentige Verringeru­ng der Schulstand­orte gesetzt“worden. Die rot-schwarzgrü­ne Regierungs­koalition habe zudem die Fusion des Standorts Drauhofen mit der Fachschule Litzlhof beschlosse­n.

Eine Fusion anderer Art fordert Würschl als Mittel gegen „einen Bürokratie­dschungel sonderglei­chen“, da sich die zwei Verwaltung­sschienen auf Landeseben­e mit der allgemeine­n und der landwirtsc­haftlichen Schulabtei­lung im Bund fortsetzen. Für die höheren Landwirtsc­haftsschul­en ist das Landwirtsc­haftsresso­rt zuständig: „Das Unterricht­sministeri­um müsste natürlich für alle Schulen zuständig sein, so werden nur teure Doppelglei­sigkeiten produziert. Grotesk, dass da zwei Apparate verwalten.“

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Welche Schule auch immer Frida besuchen wird – die Schulverwa­ltung ist ein politische­s Konfliktfe­ld.

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