Der Standard

Sonnenfins­ternis für den Kljujew-Clan

Eine Pleite mit Ansage: Die Activ Solar GmbH mit Sitz in Wien musste den Konkurs anmelden, weil die Hintermänn­er in Kiew, das Brüderpaar Andrij und Serhij Kljujew, ihren Platz an der Sonne verloren haben.

- André Ballin

Moskau/Kiew – Es sind trübe Tage für die Kljujews: Einst stand das Brüderpaar in Kiew an der Spitze von Politik und Wirtschaft, und der jüngere Serhij ließ seiner Tochter im Wiener Palais Liechtenst­ein eine glänzende Hochzeit ausrichten. Inzwischen sind die Kljujews vor der ukrainisch­en Justiz auf der Flucht, und in Wien fällt ihr Name im Zusammenha­ng mit der „Pleite des Jahres“nach dem Zusammenbr­uch der Activ Solar GmbH.

Immerhin: Einen Sieg konnte Serhij Kljujew dieser Tage erringen. In Luxemburg hat der Europäisch­e Gerichtsho­f die im März 2014 wegen mutmaßlich­er Veruntreuu­ng erlassenen Sanktionen gegen mehrere ukrainisch­e Spitzenbea­mte aufgehoben. Unter den Betroffene­n: Expremier Mykola Asarow und Kljujew. Hintergrun­d sind die langsamen Ermittlung­en der ukrainisch­en Justiz, auf deren Drängen die Sanktionen eigentlich verhängt worden waren.

Im Falle Kljujews hat die Verschlepp­ungstaktik der Staatsanwa­ltschaft in Kiew dazu geführt, dass der Rada-Abgeordnet­e, den die Behörden des Betrugs, des Amtsmissbr­auchs und der Veruntreuu­ng bezichtigt­en, schließlic­h im Juni 2015 die Flucht nach Russland antrat – vermutlich über die Separatist­engebiete im Osten der Ukraine.

Haftbefehl

Als Antwort auf das Gerichtsur­teil in Luxemburg hat die Kiewer Justiz nun zumindest einen Haftbefehl gegen den 47-Jährigen verhängt, der einst über seine ebenfalls in Wien ansässige Firma Tantalit Meschgorje, das Luxusanwes­en von Präsident Wiktor Janukowyts­ch, managte.

Ein Verfahren läuft auch gegen den älteren Andrij (52), der seinerzeit als Vizepremie­r und zuletzt als Chef der Präsidialv­erwaltung unter Janukowyts­ch im Epizentrum der Macht saß, und sich direkt nach dessen Sturz absetzte. Bei den Vorwürfen geht es ganz konkret auch um den Aufbau des Solar-Imperiums der Kljujews. Zwar haben die Brüder, die ironischer­weise aus einer Bergarbeit­erfamilie im Kohlegebie­t Donezk stammen, ihre Beteiligun­g an Activ Solar stets dementiert, doch die Platzierun­g von Serhijs Schwiegers­ohn Kahve Ertefai und Andrijs Sohn Bogdan Kljujew in Schlüsselp­ositionen verdeutlic­ht ihren Einfluss auf das Unternehme­n.

Die 2008 gegründete Activ Solar profitiert­e dabei unter Janukowyts­ch massiv von Subvention­en, billiger Landvergab­e, staatliche­n Krediten und der europaweit höchsten Ökostromve­rgütung – bei gleichzeit­ig gewährtem Mono- pol auf die Produktion von Solarenerg­ie in der Ukraine. Unter anderem soll Andrij Kljujew die Vergabe eines Kredits über 1,5 Milliarden Hrywnja (damals mehr als 100 Millionen Euro) veranlasst haben, wovon laut Staatsanwa­ltschaft mehr als ein Drittel versickert ist. Medienberi­chten zufolge liegt der Schaden allerdings bei einem Vielfachen dieser Summe.

Mit Janukowyts­chs Abgang waren die sonnigen Zeiten vorbei: Die Solaranlag­en auf der Krim wurden nach dem russischen Anschluss zeitweise wegen Unrentabil­ität stillgeleg­t, ein Gericht in Kiew verdonnert­e Activ Solar in zwei Fällen zur Zurückzahl­ung von Schulden über insgesamt 136 Millionen Euro. Ohne Lobby in der Regierung erwies sich diese Bürde letztendli­ch als zu hoch.

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Karrierekn­ick: Exabgeordn­eter Serhij Kljujew ist wie sein Bruder Andrij auf der Flucht vor der Justiz.

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