Klosterneuburg will nicht Tulln werden
Die Aufteilung des Bezirkes Wien-Umgebung wird zur Identitätsfrage: Klosterneuburg will Autokennzeichen mit KG anstatt mit TU für den Bezirk Tulln. Der Bürgermeister lässt den Status einer Statuarstadt prüfen, manche Bürger wollen gleich zu Wien.
Klosterneuburg/Wien – Für manche ist das Kennzeichen am Auto nur eine Blechtafel mit Buchstaben und Ziffern. Nicht für Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP): „Die Kennzeichenfrage ist eine Identitätsfrage“, sagt er im STANDARD- Gespräch. Vor dieser „Identitätsfrage“steht Klosterneuburg derzeit, da der Bezirk WienUmgebung ab 1. Jänner 2017 nicht mehr existiert, wie das Land Niederösterreich im Herbst bekanntgab. Die 26.000-Einwohner-Stadt gliedert sich dann in den Bezirk Tulln ein, dessen Kfz-Kennzeichen auf „TU“lauten. „WU“wird zum Auslaufmodell.
Das schmeckt den stolzen Babenbergerstädtern offenbar nicht. „Wien-Umgebung war eine Region“, sagt der Bürgermeister und stellt klar: „Das ist kein GegenTulln-Sein, aber wir sind eine andere Stadt.“Tulln ist mit 16.000 Einwohnern auch deutlich kleiner als Klosterneuburg. „TL“für Tulln-Land hielte Schmuckenschlager für „noch skurriler“. Des Ortschefs Lösung: Eine eigene Kennung lautend auf „KG“. „KB“ist schon an die in Kitzbühel gemeldeten Fahrzeuge vergeben.
Die Klosterneuburger ÖVP hat Unterschriften für „KG“gesammelt, massenhaft Pickerln in „KG“Taferlform in Umlauf gebracht und vergangene Woche verkündet, bei den Unterzeichnungen die 5000er-Marke durchbrochen zu haben. Noch nie seien in Klosterneuburg so viele Unterschriften gesammelt worden. Die Bürger unterzeichneten zugleich für zwei weitere VP-Ideen: Eine „Symbiose“von Rathaus und Außenstelle der Bezirkshauptmannschaft (BH) sowie eine Machbarkeitsstudie dazu, ob Klosterneuburg Statutarstadt werden soll.
Die Machbarkeitsstudie, deren Kosten Schmuckenschlager mit rund 50.000 Euro beziffert, ist in Arbeit und über den Preis der bisherigen Bezirkshauptmannschaft (BH), wo Rathaus und BH-Außenstelle vereint Platz fänden, laufen Gespräche mit dem Land. Das Haus dürfte um rund sechs Millionen Euro den Besitzer wechseln – was die Grünen für zu teuer halten; sie fürchten, dass der Rathausplatz dann verwaist.
Höhere Kosten
Mit Statutarstadtrang stünde Klosterneuburg in einer Reihe mit Wiener Neustadt, Sankt Pölten, Krems und Waidhofen an der Ybbs. Sie alle verfügen über ihr eigenes Stadtrecht – und eine eigene Nummerntafel. Insgesamt existieren in Österreich 15 solcher Städte; zuletzt wurde Wels dazu – vor 52 Jahren. Eine Statutarstadt ist zugleich Bezirksverwaltungsbehörde für das eigene Gebiet – und das kostet Geld.
Höhere Verwaltungskosten würden die vom Land erwirkte Be- zirksauflösung konterkarieren, weshalb Landeshauptmann Erwin Prölls (ÖVP) der Idee eine Absage erteilte. Man achte „mit Argusaugen“darauf, dass das erwirkte Einsparungspotenzial „nicht durch neue Strukturen wieder kaputtgemacht wird“, hieß es auf Nachfrage aus Prölls Büro.
Schmuckenschlager nennt sich selbst „keinen Verfechter“der Idee, er wolle sie aber prüfen lassen. Ebenso den von einem Gemeinderat aufgebrachten Vorschlag, Klosterneuburg zum 24. Bezirk Wiens werden zu lassen. Auch für diese Vision können Klosterneuburger derzeit unterschreiben; rund 700 sollen es bisher getan haben. Entsprechende Pickerln mit „W“fehlen nicht.
Ministerium: Land zuständig
Wird aus dem Statutarstadtrang nichts, muss „KG“für Klosterneuburg kein Traum bleiben. Immerhin haben andere Orte mit BHAußenstelle auch ihr eigenes Kennzeichenkürzel, etwa Gröbming in der Steiermark („GB“). In Nummerntafelfragen verweist man seitens des Landes ans Verkehrs- ministerium. Dort heißt es aber, die Grundlage sei in der Landesverfassung zu regeln.
Schmuckenschlager gibt zu bedenken: Sollten andere Städte mit BH-Außenstelle Klosterneuburg nacheifern, könne das Land ganz elegant dagegenhalten, dass Klosterneuburg die größte Stadt mit Außenstelle sein werde. Alle anderen Städte mit ähnlicher Einwohnerzahl sind in Niederösterreich tatsächlich selbst Sitz einer Bezirkshauptmannschaft. Vielleicht liegt ja darin die eigentliche Identitätskrise Klosterneuburgs.