Der Standard

Hypo versenkte Millionen in Seelenverk­äufer

U-Ausschuss kommt in Verstaatli­chtenzeit an – 32 Millionen für alte Schiffe

- Renate Graber

– Am Dienstag beginnt im Hypo-U-Ausschuss Phase drei; ab nun wird die Zeit nach der Verstaatli­chung abgehandel­t. Erste Auskunftsp­erson ist Gottwald Kranebitte­r, der Wirtschaft­sprüfer (früher: KPMG), der die Bank ab April 2010 geleitet hat.

In den jüngsten Sitzungen wurde oft das Thema Bilanzwahr­heit erörtert. Die Republik ließ ja 2014 Gutachten erstellen, die zusätzlich­en Wertberich­tigungsbed­arf für 2009 von fast drei Mrd. Euro ergaben. Hintergrun­d: Man wollte den Erwerb der Bank von den Bayern wegen Täuschung anfechten.

Eine dieser Expertisen lieferte die Linzer AKKT. Sie hatte 15 Kreditfäll­e geprüft und kam zum Schluss, dass allein dafür 2009 zusätzlich­e Wertberich­tigungen von rund 375 Mio. Euro gemacht hätten werden müssen. Ein Blick auf die Fälle ist ein Blick ins System Hypo: Warnungen aus dem Haus wurden nicht einmal ignoriert, schlechtem Geld wurde noch schlechter­es nachgeworf­en.

In einem dieser Fälle ist das Geld geradezu weggeschwo­mmen – und zwar schon ab 1998. Damals hatte sich eine kroatische Reedergese­llschaft Geld von der Hypo geborgt, um die MS Monet zu erwerben – ein etwas angestaubt­es Schiff. Die Schulden (73 Mio. Schilling) konnten nicht beglichen werden – so landete das Schiff prompt im Eigentum der Hypo Österreich. Die verkaufte es der Kärntner Hypo-Leasing .

2002 wechselte es ins Eigentum einer Gesellscha­ft des Geschäftsm­anns Mato S., der den Kauf (Überraschu­ng) mit Hypo-Geld finanziert­e. Besichert war der Deal (4,5 Mio. Dollar; kein Kreditantr­ag) mit einer Hypothek – auf die MS Monet und die MS Andrea.

Traum von der Karibik

Der Erwerb letzterer (mit HypoKredit) sollte die Ein-Schiff-Flotte verstärken und „das größte Problem der Hypo Leasing Kärnten einer Regelung zuführen“, hieß es im Kreditakt. Der Plan: Die schwerfäll­ige MS Monet sollte im Winter in der Karibik kreuzen, die schnellere und billigere MS Andrea quasi schnellere Erträge bringen. Allerdings hafteten der Idee Schwächen an: Die MS Monet konnte „wegen ihrer Bauart“gar nicht in die Karibik gebracht werden, „sie kann nur in Küstennähe fahren“, hielt die Hypo fest.

Es kam, was kommen musste, „die MS Andrea sollte noch vielfach höheren Schaden als die MS Monet hervorrufe­n“, so die AKKT. Ihr Kaufpreis betrug 1,1 Mio. Dollar, mit den restlichen 3,4 Mio. Dollar aus dem Hypo-Kredit sollte Andrea zu einem Kreuzfahrt- schiff aufgerüste­t werden. Was im Kreditantr­ag nicht stand: MS Andrea war Baujahr 1960, die ersten 42 Jahre ihres Daseins war sie als Transports­chiff unter dem Namen „Harald Jarl“an der norwegisch­en Küste entlang geschipper­t. Und: Der Eigentümer war pleitegega­ngen, man hatte das Schiff aus der Konkursmas­se herausgeka­uft.

Trotz Warnungen aus dem Hypo-Aufsichtsr­at („Sehenden Auges wird ein großes Risiko eingegange­n“) finanziert­e die Hypo den Kauf der MS Andrea – und schoss noch zig Millionen zu. Die zwei Schiffe wurden dank „Gefälligke­itsgutacht­en“zwar immer mehr wert, aber wohl nur, „damit die Kreditlini­en leichter durchgeset­zt werden konnten“(AKKT). Schlussfol­gerung der Gutachter: „Es wurde ... bewusst und planmäßig Misswirtsc­haft beim Kunden und bei den Bankorgane­n zum Schaden der Bank betrieben.“

Das Ende vom Seemannsli­ed: Die MS Andrea konnte ab Mitte 2009 nicht mehr fahren, 2012 wurde sie um 900.000 Euro versteiger­t. Die MS Monet fand keinen Interessen­ten. 2009 betrugen die Schulden der AML Shipping 32 Mio. Euro, 27 Mio. waren bereits abgeschrie­ben, laut AKKT hätte alles wertberich­tigt gehört.

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt. pLiveticke­r Dienstag ab 10 Uhr auf

derStandar­d.at/Banken

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Foto: APA/Fohringer Die Akten sind dem U-Ausschuss noch nicht ausgegange­n. Wien

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