Der Standard

Chinas Kampf gegen die Kapitalflu­cht

Auch nach dem chinesisch­en Neujahrsfe­st kommen schlechte Nachrichte­n aus dem Reich der Mitte. Investoren ziehen ihr Kapital ab, die Exporte sind eingebroch­en, und es gibt immer mehr faule Kredite. Die chinesisch­e Zentralban­k verteilt Beruhigung­spillen.

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Peking/Wien – Chinas Fremdwähru­ngsreserve­n sind auf den niedrigste­n Stand seit 2012 gefallen. Das dürfte darauf zurückzufü­hren sein, dass die Zentralban­k Fremdwähru­ngsreserve­n verkauft, um damit den Yuan zu stützen. Dessen Kurs fiel im Jänner auf ein Fünfjahres­tief.

Rund 100 Milliarden US-Dollar (ca. 89 Milliarden Euro) hat die Zentralban­k demnach im Jänner ins Ausland verkauft. Im gesamten Vorjahr stieß sie mehr als 500 Milliarden Dollar ab. Es war das erste Jahr mit einem Minus bei den Fremdwähru­ngsreserve­n in China überhaupt.

Auch die privaten Kapitalabf­lüsse stiegen deutlich an. Im Dezember wurden laut Daten von Bloomberg mehr als 150 Milliarden Dollar aus China abgezogen. Im gesamten Jahr 2015 waren es mehr als eine Billion Dollar – das ist rund siebenmal so viel wie im Jahr davor.

Das hohe Volumen an Kapitalabf­lüssen wird an den Finanzmärk­ten als Alarmzeich­en gewer- tet – gerade in Zeiten zurückgehe­nden Wirtschaft­swachstums und erhöhter Volatilitä­t des YuanKurses. Am Wochenende hatte Notenbank-Gouverneur Zhou Xiaochuan gesagt, dass es keinen Grund für eine anhaltende Abwertung der chinesisch­en Währung gebe. Die Zahlungsbi­lanz der Nation sei gut, und die abfließend­en Kapitalstr­öme bewegten sich auf einem normalen Niveau. Man dürfe nicht zulassen, dass Spekulante­n die Stimmung auf dem Markt bestimmen.

Starker Wochenstar­t

Der Yuan legte daraufhin am Montag stark zu – trotz schwacher Konjunktur­daten. Er stieg gegenüber dem Dollar in der Spitze um gut 1,3 Prozent. Die Zentralban­k Chinas setzte den Referenzku­rs zum Dollar auf 6,488 Yuan fest. Das ist der stärkste Anstieg seit dem Jahr 2005, als die feste Bindung des Yuan an den Dollar aufgegeben wurde.

Die starke Aufwertung hat allerdings auch mit der Handelspau­se an Chinas Börsen in der vergangene­n Woche zu tun. Der Dollar hatte zu vielen Währungen spürbar nachgegebe­n. In China war wegen des Neujahrsfe­sts nicht gehandelt worden.

Die jüngste Stärke des Yuan sei weitgehend auf Maßnahmen zurückzufü­hren, mit denen die Zentralban­k gegen spekulativ­e Positionen vorgehe, hieß es in einem Kommentar der Commerzban­k. Sie geht davon aus, dass der Abwertungs­druck auf den Yuan nach den schwachen Handelsbil­anzdaten grundsätzl­ich anhalten dürfte. In China sind im Jänner sowohl die Exporte als auch die Importe überrasche­nd stark eingebroch­en. Nach einer kurzen Verschnauf­pause im Dezember sanken die Ausfuhren im Vergleich zum Jänner des Vorjahres um 6,6 Prozent. Für die Einfuhren ging es sogar um 14,4 Prozent bergab.

Fäulnisbef­all bei Krediten

Auch vom chinesisch­en Bankensekt­or kamen zum Start in das Jahr des Affen schlechte Nachrichte­n: Faule Kredite werden zu einem immer größeren Problem. Ende 2015 summierten sich die ausfallgef­ährdeten Darlehen in der zweitgrößt­en Volkswirts­chaft der Welt auf umgerechne­t 175 Milliarden Euro, teilte die für Bankenaufs­icht zuständige Kommission am Montag mit. Das ist der höchste Stand seit dem zweiten Quartal 2006. Der Anteil fauler Kredite im Verhältnis zum Gesamtport­folio stieg zudem abermals an. Hierin spiegelt sich die jüngste Konjunktur­schwäche wider. Die chinesisch­e Wirtschaft war vergangene­s Jahr so langsam gewachsen wie seit einem Vierteljah­rhundert nicht mehr.

Zuguterlet­zt machen China auch die weltweiten Turbulenze­n an den Börsen zu schaffen. „Der aktuell währende Abschwung an den internatio­nalen Märkten belastet Chinas Konjunktur spürbar“, wurde Ministerpr­äsident Li Keqiang am Montag in staatliche­n Medien zitiert. Er sehe aber weiter ein großes Potenzial für sein Land, das angesichts hoher Sparquoten genügend Handlungss­pielraum habe. China habe seine Lektion aus dem Crash am Aktienmark­t gelernt, sagte Li. (red)

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