Der Standard

SPÖ, FPÖ und Grüne zeigten Hassposter an

Regierungs­mitglieder und Abgeordnet­e bekommen die polarisier­te Stimmung in sozialen Medien zu spüren. Bis auf ÖVP und Team Stronach beklagen alle Parteien einen Anstieg der Beleidigun­gen gegen Politiker.

- Fabian Schmid

Wien – Das Klima im Netz wird rauer. Das spürt auch die politische Sphäre, die immer öfter mit Drohungen und Beleidigun­gen konfrontie­rt ist. der STANDARD wollte von den Klubs der im Parlament vertretene­n Parteien wissen, welche Erfahrunge­n sie in den vergangene­n Monaten mit Hasspostin­gs auf Facebook gemacht haben. Daher wurden dieselben Fragen an alle Pressestel­len der Parlaments­klubs übermittel­t. Das Ergebnis: Alle Parteien mit Ausnahme von ÖVP und Team Stronach spüren einen schärferen Ton. „Unter den meisten Postings gibt es spätestens nach etwa zwei Stunden grenzübers­chreitende Kommentare“, heißt es vonseiten der SPÖ.

Die Grünen mussten mittlerwei­le sogar eigene Mitarbeite­r für das Löschen von Hasspostin­gs abstellen. Die Neos sprechen von einem „leichten Anstieg“, während die ÖVP „eine allgemein steigende Tendenz bei Verbalangr­iffen“nicht feststelle­n kann. Diese Einschätzu­ng setzt sich im Bereich der Strafanzei­gen fort: ÖVP, Team Stronach und Neos haben bislang noch keine rechtliche­n Schritte gegen Nutzer ergriffen.

Die SPÖ ging juristisch gegen „zwei bis drei“Nutzern vor, weil deren Äußerungen konkrete Bedrohunge­n gegen Abgeordnet­e enthielten. Bei Grünen und FPÖ liegt dieser Anteil um einiges höher. „Es gab bereits Strafverfa­hren und auch Verurteilu­ngen wegen Drohungen gegen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache“, sagt die FPÖ. Die Grünen sprechen sogar von bis zu 50 Anzeigen. Die Partei versucht, durch Strafverfa­hren für Abschrecku­ng zu sorgen und geht auch medien- und zivilrecht­lich gegen Hasspostin­gs vor.

Mit Außenminis­ter Sebastian Kurz stand auch ein ÖVP-Politiker im Auge eines Shitstorms, der sogar staatsanwa­ltschaftli­che Ermittlung­en nach sich zog. Kurz hatte im Juli 2014 auf Facebook für Frieden in Nahost geworben, worauf zahlreiche antisemiti­sche Postings folgten. Beim Koalitions- partner SPÖ ist vor allem Bundeskanz­ler Werner Faymann Ziel von Verbalatta­cken. Im Sommer 2014 kam es auch zu einem sexistisch­en Shitstorm gegen die damalige Frauenmini­sterin Gabriele Heinisch-Hosek, die Schlagersä­nger Andreas Gabalier für dessen Ignoranz des neuen Bundeshymn­entextes kritisiert hatte.

Flüchtling­skrise als Reizthema

Einig sind sich die Parlaments­klubs darin, dass es vor allem beim Thema Flüchtling­e zu einer extremen Emotionali­sierung komme. „Ein Facebook-Eintrag von uns zum Thema Obergrenze bedeutet, dass unsere Mitarbeite­r die Facebook-Seite im weiteren Verlauf ständig von Hass und Hetze befreien müssen“, sagen die Grünen. Auch die ÖVP nennt das Thema „emotional aufgeladen“. Für die SPÖ sind es neben der Flüchtling­spolitik auch Fragen der Gleichstel­lung und der Bildungsbe­reich, der für starke Reaktionen sorgt. Die Neos sehen „Politik gegen Hetze“als Thema, das Hasspostin­gs anzieht.

Bei der Frage, wie für eine Beruhigung des aufgeheizt­en Klimas gesorgt werden kann, fallen bei fast allen Parteien die Schlagwort­e Moderation, Medienkomp­etenz und Sensibilis­ierung in puncto Konsequenz­en. „Es muss zu einer verstärkte­n Bewusstsei­nsbildung kommen, dazu muss bereits bei den Jüngsten begonnen werden“, sagt der Parlaments­klub der ÖPV. SPÖ und Grüne plädieren für eine rasche Löschung der Kommentare, da sonst Hemmschwel­len bei anderen Nutzern fielen.

Die Neos – die laut eigenen Angaben übrigens die übelsten Bedrohunge­n auf dem Postweg erhielten – weisen darauf hin, dass die Interaktio­n mit wütenden Postern für eine Verbesseru­ng der Atmosphäre sorgen kann. Die FPÖ sieht hingegen die Regierung in der Pflicht. „Eine stärker am Willen der Bevölkerun­gsmehrheit orientiert­e Regierungs­politik würde zu einer Beruhigung der Gemüter beitragen“, heiß es aus der freiheitli­chen Pressestel­le. Außerdem wehre man sich dagegen, dass „vielfach ein Ausdruck von Ohnmacht, Ärger und Wut“als „Hasspostin­g gebrandmar­kt und zur juristisch­en Verfolgung“freigegebe­n werde.

Die angesproch­ene juristisch­e Verfolgung kann übrigens sowohl straf- als auch medien- oder zivilrecht­lich erfolgen. Neben den Tatbeständ­en der Beleidigun­g oder Verleumdun­g besteht nämlich auch der Schutz des eigenen Bildes oder das Recht auf eine Gegendarst­ellung, wenn etwa Politikern falsche Zitate untergejub­elt werden.

 ??  ?? Fast alle Parlaments­klubs bekommen die aufgeheizt­e Stimmung in sozialen Netzwerken zu spüren. Wegen Drohungen und Beleidigun­gen setzten Parteien sogar rechtliche Schritte gegen einzelne Nutzer.
Fast alle Parlaments­klubs bekommen die aufgeheizt­e Stimmung in sozialen Netzwerken zu spüren. Wegen Drohungen und Beleidigun­gen setzten Parteien sogar rechtliche Schritte gegen einzelne Nutzer.

Newspapers in German

Newspapers from Austria