Der Standard

Die Musik spielt woanders

- Johanna Ruzicka

Europas Stahlindus­trie steht mit dem Rücken zur Wand: Es gibt Überkapazi­täten in der EU. Dazu kommt die Konkurrenz aus China, von wo aus wegen der dortigen Überkapazi­täten und der niedrigere­n Löhne zu Billigprei­sen nach Europa exportiert wird.

Außerdem hat die EU-Stahlindus­trie die viel und heftig kritisiert­e Klimapolit­ik aus Brüssel zu schultern. Die Unternehme­n müssen Verschmutz­ungs-(Co -)Zertifikat­e zukaufen, um überhaupt produziere­n zu dürfen. Natürlich ist dies ein Wettbewerb­snachteil gegenüber den Produzente­n außerhalb der EU, die diese Umweltschu­tzmaßnahme­n nicht tätigen müssen – auch wenn die Stahlwerke noch immer von generösen Gratiszert­ifikaten zehren.

Doch sind die Probleme der europäisch­en Stahlbranc­he auch hausgemach­t. Die eigene Infrastruk­tur ist längst fertiggest­ellt und muss nur immer wieder erneuert oder ersetzt werden. Die Musik spielt da woanders: in den Schwellenl­ändern, im Nahen Osten, wo es nach Kriegsende zu einem Wiederaufb­au kommen wird – und wo Billiganbi­eter im Vorteil sind.

EU-Anbieter werden in diesem Problemgem­enge schrumpfen und auf Qualität setzen müssen. Doch wäre eine gänzliche Abkehr fatal. Stahlherst­ellung hat eine Schlüssels­tellung, will man Branchen wie Autoindust­rie und Maschinenb­au auf dem Alten Kontinent halten – und davon ist auszugehen. Da braucht es Stahl als Basis.

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