Der Standard

Cameron buhlt um Abgeordnet­e

Britischer Premier zu Finalbesuc­h in EU-Institutio­nen

- Thomas Mayer aus Brüssel

David Cameron bei Parlaments­präsident Martin Schulz, Cameron bei Jean-Claude Juncker in der EU-Kommission, Cameron im Gespräch mit einflussre­ichen EUParlamen­tariern, Cameron bei internen Beratungen, Cameron gerade erst aus Paris von Gesprächen mit dem französisc­hen Staatspräs­identen angereist, Cameron überall und in aller Munde. Und über Brüssel kreist stets ein Polizeihel­ikopter zur Absicherun­g – nicht zuletzt, weil sich gleichzeit­ig Irans Außenminis­ter Mohammed Zarif im EU-Viertel aufhält.

So gestaltete sich am Dienstag der Arbeitsbes­uch des britischen Premiermin­isters in Brüssel. Zwei Tage vor dem extra für Großbritan­nien einberufen­en EUGipfel der Staats- und Regierungs­chefs ab Donnerstag sollten im letzten Moment in einem dichten Programm alle Details einer im Grundsatz mit EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk vor zwei Wochen bereits ausverhand­elten Vereinbaru­ng abgeklärt werden.

Sie soll die britischen Sonderwüns­che an künftige Reformen der EU-Verträge umsetzen. Wie berichtet, will London aber vor allem durchsetze­n, dass es eine (bis 2023) zeitlich begrenzte Ausnahmere­gelung geben soll, die es erlaubt, gewisse Sozialleis­tungen für EU-Ausländer auf maximal vier Jahre auszusetze­n. Dieser Punkt gilt als der heikelste, insbesonde­re die neuen EU-Staaten aus Osteuropa haben Einwände, weil von dort besonders viele Gastarbeit­er nach Großbritan­nien gezogen sind. Praktisch alle EU-Partner haben jedoch prinzipiel­le Einwände, weil dies die Personenfr­eizügigkei­t als eine der Säulen der Union infrage stellen könnte.

Frankreich­s Staatspräs­ident François Hollande hatte Cameron Montagaben­d in Paris klargemach­t, wo seine „rote Linie“ist: Die Briten als Nichtmitgl­ieder der Währungsun­ion könnten keinerlei Vetorechte bei Politiken erwarten, die den Euro betreffen. Das hat Cameron, der bereits im Juni sein Referendum über einen möglichen EU-Austritt seines Landes („Brexit“) machen will, längst akzeptiert. Die Vereinbaru­ngen seien eigentlich unter Dach und Fach, berichten Verhandler. Es gehe jetzt vor allem darum, aller Welt zu zeigen, wie hart man verhandle – und sich dennoch um einen Verbleib der Briten in der Union bemühe.

Das sicherten auch Schulz und die EU-Parlamenta­rier Cameron zu, aber nicht um jeden Preis. Was Regierunge­n verhandelt­en, werde nicht automatisc­h umgesetzt, betonte Schulz; viele der EU-Abgeordnet­en sähen noch Verhandlun­gsbedarf in der Gesetzgebu­ng – nach dem Referendum.

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Foto: Reuters / Gleb Garanich Am Dienstag waren die Differenze­n zwischen Präsident Petro Poroschenk­o (li.) und Premier Arsenij Jazenjuk unüberbrüc­kbar.
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Foto: Reuters / François Lenoir Viele Briten fühlen sich in der EU als Fremdkörpe­r.

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