Kiews Regierung vor Rücktritt
Parlament stellt Misstrauensantrag gegen Jazenjuk
Kiew/Moskau – Nach wochenlangem Chaos ist die Krise in Kiew am Dienstag in einem offenen Machtkampf eskaliert. Präsident Petro Poroschenko forderte die Regierung um seinen koalitionsinternen Widersacher Arsenij Jazenjuk zum geschlossenen Rücktritt auf. Auch der Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin soll abdanken. „Die Zeit für eine teilweise Erneuerung des Kabinetts ist vergeudet worden“, ein völliger Umbruch sei notwendig, heißt es in Poroschenkos Erklärung.
Noch könne er die Art seines Abgangs wählen, forderte er Jazenjuk auf, selbst zurückzutreten. Poroschenkos Attacke ist der Versuch, sich aus dem Sog der sinkenden Popularität seines einstigen Maidan-Mitstreiters zu befreien. Umfragen zufolge sprachen sich zuletzt 70 Prozent der Ukrainer für einen Rücktritt Jazenjuks aus.
Auch im Parlament stieg die Unzufriedenheit mit dem Premier: Im Vorfeld seiner für Dienstag geplanten Anhörung wurden die Spekulationen über ein Misstrauensvotum immer lauter. Vor der auf den Nachmittag verlegten Sitzung wurden Unterschriftensammlungen für den Rücktritt der Regierung publik.
Zwar wurde Jazenjuk für seinen Rechenschaftsbericht noch unter Applaus auf die Tribüne gerufen, doch die Unruhe während seiner Rede wuchs im Saal. „Es gibt bereits 159 Unterschriften für den Rücktritt“, twitterte schließlich der Abgeordnete Mustafa Naijem. Nötig zur Einreichung eines Misstrauensantrags sind 150 Stimmen. Für den Rücktritt müssen allerdings insgesamt 226 Abgeordnete für den Antrag stimmen.
Ein Regierungswechsel wäre nicht gleichbedeutend mit Neuwahlen: Poroschenko hatte in seiner Rücktrittsforderung an Jazenjuk noch einmal seinen Widerstand dagegen deutlich gemacht: „Die Auflösung der Rada ist keine Pflicht, sondern nur das Recht des Präsidenten. Dieses werde ich nur im äußersten Notfall nutzen, den wir nicht eintreten lassen dürfen“, sagte er.