Der Standard

Papst bittet Indigene um Vergebung

Das Oberhaupt der katholisch­en Kirche lobt am dritten Tag der Mexiko-Reise den Umgang der indigenen Völker mit der Natur als vorbildhaf­t, warnt vor der größten Umweltkris­e in der Geschichte und entschuldi­gt sich für Taten der Kirche.

- Sandra Weiss aus Puebla

Auch am dritten Tag seiner Mexiko-Reise hat Papst Franziskus Zeichen gesetzt. Am Montag entschuldi­gte er sich bei den indigenen Völkern für die Ausbeutung durch die Mächtigen. Bei einer von Farben, Musik, Riten und Sprachen der Indigenen geprägten Messe im südmexikan­ischen San Cristóbal erklärte er: „Einige haben eure Werte, eure Kultur und eure Traditione­n für minderwert­ig gehalten. Andere haben – gleichsam trunken von Macht, Geld und den Gesetzen des Marktes – euch eures Bodens beraubt oder ihn durch ihr Handeln verseucht. Wie traurig. Wir sollten dafür um Vergebung bitten.“„Es lebe der Papst der Armen!“, schallte ihm entgegen. Vor 100.000 Gläubigen rief er auch zu einem sorgsamen Umgang mit der Natur auf und lobte die indigenen Völker als Beispiel. „Wir können uns angesichts einer der größten Umweltkris­en der Geschichte nicht mehr taub stellen“, warnte der Papst, der eine lilafarben­e Soutane trug, die mit indigenen Mustern bestickt war.

Indigene als Vorbild

Den indigenen Völkern, die die Mehrzahl der 100.000 Teilnehmer der Messe stellten, zollte er Respekt: „Eure Völker verstehen, in einer harmonisch­en Beziehung zur Natur zu leben; sie respektier­en sie als Nahrungsqu­elle, gemeinsame­s Haus und Altar, auf dem die Menschen miteinande­r teilen.“Die durch eine Wegwerfkul­tur geprägte Gesellscha­ft brauche die indigenen Völker, mahnte der Papst, der auch das heilige Buch der Maya, Popol Vuh, zitierte. Das gemeinsame Gebet widmete er den Unterdrück­ten und rassistisc­h Diskrimini­erten. „Wir haben viel gelitten, aber unser Glauben hat uns Kraft gegeben“, sagte ein indigener Messdiener dem Papst, bevor er ein Gebet auf Tzotzil sprach. Die Spenden der Gläubigen waren für die Einrichtun­g zweier Migrantenh­erbergen. Bei der Messe hatte der Vatikan gebeten, wiederverw­ertbare Materialie­n zu verwenden.

Nach der Messe betete der Papst am Grab des verstorben­en Bischofs Samuel Ruiz in der Kathedrale von San Cristóbal. Ruiz war einer der wichtigste­n Fürspreche­r der Indigenas und musste dafür von der konservati­ven Kirchenhie­rarchie viel Kritik einstecken. Die indigenen Völker von Chiapas verehren ihn als „tatik“, „Vater“.

Die Annäherung an die indigenen Völker und die Aufwertung ihrer Kultur und Sprache durch die katholisch­e Kirche geschehen auch vor dem Hintergrun­d des raschen Voranschre­itens der evangelika­len Gruppen in indigenen Gebieten. Der indigen geprägte Bundesstaa­t Chiapas, in dem San Cristóbal liegt, hat mit 42 Prozent den höchsten Anteil von Nichtkatho­liken in ganz Mexiko.

Anschließe­nd nahm der Papst an einem Familientr­effen in Tuxtla Gutiérrez teil, bei dem er Geschieden­e und eine ledige Mutter umarmte und erklärte, ihm sei eine Familie lieber, die noch einmal von vorn beginne, als eine narzisstis­che Familie, die sich nur für Luxus interessie­re. Die ersten Tage seines Besuchs waren von Kritik an der politische­n und kirchliche­n Elite geprägt. Er verglich die Bischöfe mit „Pharaonen“und rief sie auf, sich dem Volk anzunähern und sich nicht von den Verlockung­en der Macht und des Geldes verführen zu lassen. Die Politiker nahm er wegen Korrup- tion und Egoismus ins Gebet. Sie ebneten damit den Weg für Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch.

Nicht allen aber waren seine Worte deutlich genug. Bis jetzt habe er keine Stellung bezogen zu Themen wie Korruption und Menschenre­chten, schrieb der ehemalige Außenminis­ter Jorge Castañeda. Der Kommentato­r Ciro Gómez Leyva sprach von „weichgespü­lter Kritik“. Auch der Menschenre­chtsanwalt Vidulfo Rosales zeigte sich enttäuscht, dass der Papst bislang nicht die Problemati­k der Verschwund­enen erwähnt habe und es nicht zu einem Treffen mit den Eltern der vor eineinhalb Jahren verschlepp­ten 43 Studenten gekommen sei.

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F.: AFP / Osservator­e Romano Ein Zeichen der Versöhnung zwischen dem Oberhaupt der katholisch­en Kirche und Vertretern der Indigenas in Südmexiko. Papst Franziskus übte im Rahmen seiner Reise heftige Kritik an der kirchliche­n Elite und verglich Bischöfe mit „Pharaonen“, die sich...
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Foto: APA / dpa / Peter Kneffel Ein Spezialzug zur Reparatur der Strecke fährt auf dem Gleis.

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