Unis halten an ihren Fächern fest
Rektorenchefin Sonja Hammerschmid hält eine Diskussion über Betriebswirtschaftslehre oder Rechtswissenschaften an Fachhochschulen für verfrüht. Die Wiener Wirtschaftsuniversität warnt gar vor einem Schaden für den österreichischen Wirtschaftsstandort.
Wien/Innsbruck – Die Hochschullandschaft ist gespalten. Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hatte am Montag angekündigt, die Zahl der Studierenden an den Fachhochschulen erhöhen und gewisse Studienfächer verlagern zu wollen. Er denke dabei vor allem an „wirtschafts- und unternehmensnahe“Zweige. „Bei Betriebswirtschaftslehre würde nichts dagegensprechen“, sagt Mitterlehner. Auch im Bereich der Rechtswissenschaften „müsse man diskutieren“.
Bei den Universitäten stößt er damit auf Unverständnis. „Die Wirtschaftsuniversität Wien hat sich erfolgreich international positioniert. Keine andere Institution ist in Österreich in der Lage, in dieser hohen Qualität auf den Gebieten der Wirtschaftswissen- schaften und des Wirtschaftsrechts auszubilden“, sagt Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger. „Würde sich die WU aus der BachelorAusbildung zurückziehen, würde die österreichische Wirtschaft großen Schaden nehmen.“
Er sehe sich „mit einer diffusen Aussage“konfrontiert, erklärt Paul Oberhammer, Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Wien, im Gespräch mit dem STANDARD. „Es reicht nicht, wenn sich Juristen ein How-to-do-Wissen aneignen. Das Universitätsstudium stellt sicher, dass spätere Rechtsanwälte und Richter in der Lage sind, wissenschaftlich zu denken und Fälle zu lösen.“Es sei deshalb „ein völlig unreflektierter Zugang“, zu glauben, man könne Jus-Studenten an FHs ausbilden, sagt Oberhammer. „Es ist mir auch kein Land bekannt, in dem das so gemacht wird.“
Sonja Hammerschmid, Präsidentin der Universitätenkonfe- renz (Uniko), warnt davor, „aus einem Bauchgefühl heraus Fächer hin- und herzuschieben.“Bereits jetzt darüber zu diskutieren, welche Fächer von Unis an Fachhochschulen wandern könnten, sei völlig verfrüht und entbehre jeder Faktengrundlage, sagt sie zum STANDARD. Zuerst müsse definiert werden, welche Aufgaben Fachhochschulen und welche Universitäten übernehmen sollen. Für Hammerschmid ist klar: Der Wunsch der FHs nach mehr Forschung und einem Promotionsrecht sei eine „völlige Fehlentwicklung“. Dies sei Aufgabe der Universitäten.
Fachhochschulen zufrieden
Die Fachhochschulen wiederum beurteilen die Vorschläge Mitterlehners durchwegs mit Wohlwollen. „Die Aussagen des Wissenschaftsministers sind Teil eines strategischen Konzepts, das nicht zuletzt auf dem Wunsch der Universitäten beruht, entlastet zu werden“, sagt Andreas Altmann, Rektor der Hochschule Management Center Innsbruck (MCI). „Der Vorstoß ist in der Sache richtig, entspricht dem gemeinsamen Geist des Hochschulsektors und ist auch umsetzbar.“
Altmann begrüße vor allem einen „sinnvollen Ausbau“der Studienplätze an Fachhochschulen. „Es ist natürlich ein hohes Privileg, dass wir uns die Studierenden aussuchen können, aber es gibt fast immer eine Reihe an Kandidaten, wo es einem das Herz zerreißt, weil man sie aufgrund der Beschränkungen nicht mehr aufnehmen kann.“Wichtig sei ihm aber, dass Veränderungen mit den Universitäten „partnerschaftlich diskutiert“würden.
Helmut Holzinger, Präsident der Fachhochschulkonferenz, will kein Studienfach nennen, das von den Unis zu den FHs wandern sollte. Aber wenn der Berufsfeldbezug eines Hochschulstudiums sehr hoch sei, sei es wohl dafür geeignet, sagt er zum STANDARD.
In einem sind sich Universitäten und FHs einig: Positiv ist, dass Mitterlehner mehr Studierende an die FHs umleiten will. Uni-WienRektor Heinz Engl hält auch eine engere Kooperation für „überlegenswert“. Die Fachhochschulkonferenz wünscht sich bis 2028 vierzig Prozent der Studierenden in ihrem Hochschulsektor. Derzeit sind es 13 Prozent. Ein Ausbau würde laut ihren Berechnungen 500 Millionen Euro kosten.