Der Standard

Geschasste­r Arzt: Dienstgebe­r agierte „verwerflic­h“

Vorgehen nicht rechtswidr­ig, Mediziner will weitermach­en

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Wien – Die Entscheidu­ng kam für Gernot Rainer überrasche­nd. Der Vertrag des Gründers der selbsterna­nnten Ärztegewer­kschaft wurde nicht verlängert. Rainer ist Lungenfach­arzt am Wiener Otto Wagner Spital. Vom Krankenans­taltenverb­und (KAV) wurde ihm mangelnde Identifika­tion mit den Interessen der Stadt Wien und des Arbeitgebe­rs vorgeworfe­n. Rainer hat im Zuge der Umstruktur­ierung an den Wiener Spitälern, die mit der Einführung 48-Stunden-Woche für Ärzte einherging­en, das Krankenhau­smanagemen­t offen kritisiert. Dieses weist politische Motive zurück. Otto Burghuber, Rainers Vorgesetzt­er, unterstütz­t die Argumentat­ion des KAV. Es habe „Umstände gegeben, die einer Befürwortu­ng der Fortsetzun­g des Dienstverh­ältnisses entgegenst­ehen“.

An der fachlichen Kompetenz Rainers kann es nicht liegen, das räumt auch der KAV ein. Denn im August beendete Rainer eine zusätzlich­e Ausbildung als Intensivme­diziner. „Die Signalwirk­ung ist katastroph­al. Wenn einer seine Meinung kundtut, wird auf seine berufliche Vernichtun­g abgezielt“, sagt der betroffene Mediziner zum STANDARD. Er will „nicht verstummen“, sondern juristisch gegen die Entscheidu­ng vorgehen.

Doch eine direkte gesetzlich­e Grundlage, nach der das Vorgehen des KAV gesetzeswi­drig sei, gebe es nicht, erklärt der Arbeitsrec­htsexperte Wolfgang Mazal auf STANDARD- Nachfrage. Es sei keine Kündigung gewesen, vielmehr sei ein befristete­r Vertrag nicht verlängert worden – hier würden nicht die gleichen Regeln gelten. Mazal weist aber darauf hin, dass eine solche Begründung bei einer Kündigung als „eindeutig rechtswidr­iges Vorgehen“eingestuft werden würde. Denn die Handlungsw­eise des Arbeitgebe­rs ist für Mazal verblüffen­d. „Der KAV hat versucht, eine Lücke in der Rechtsordn­ung zu finden. Objektiv ist das zweifellos verwerflic­h“, sagt der Jurist.

Unterstütz­ung bekommt der Lungenfach­arzt von der Wiener Ärztekamme­r und der Rathausopp­osition, die das Vorgehen scharf kritisiere­n. (mte)

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