Kontrollen an weiteren zwölf Übergängen
Im südsteirischen Straß stellten am Dienstag Polizei und Heer vor Innenministerin und Verteidigungsminister Zugriffe auf Flüchtlinge nach. Bis Mittwoch sollen sich Österreich und Slowenien über Tageskontingente an Flüchtlingen einigen.
Spielfeld/Wien – Das Szenario mutete etwas bizarr an. Neben dem Parkplatz des Militärkommandos im südsteirischen Straß wurde Dienstagnachmittag eine Übung für Medien nachgestellt, die veranschaulichen sollte, wie Polizei und Bundesheereinheiten gegen eine Gruppe „tendenziell Gewaltbereiter“vorgingen, um aus ihr „Intensivtäter“herauszugreifen. In der Rolle der gewaltbereiten Menschen – das Wort Flüchtlinge vermied man: Polizeischüler und Vertragsbedienstete der Polizei. Polizisten und Soldaten spielten sich selbst. Auf der Ladefläche eines Lastwagens wohnten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) dem Schauspiel bei.
Als die Regie ein Zeichen gab, ging es los. Die unechten Flücht- linge rüttelten an Tretgittern und schrien im Chor „Let us go“oder auch „Germany!“und schließlich „No police!“Ein Arabischdolmetscher versuchte die Flüchtlinge zuvor noch zu beruhigen.
Im zweiten Aufzug kam ein Szenario mit mehr Gewalt und „höherer Frequenz“beim Polizeieinsatz, wie ein Sprecher ankündigte. Sprich: Es flogen Mineralwasserflaschen, die Polizei rückte schneller an und griff Einzelpersonen heraus.
Danach zogen die Minister samt Medientross zum wenige Autominuten entfernten Grenzübergang Spielfeld. Während Mikl-Leitner erklärte, dass man noch Gespräche mit den Slowenen darüber führen müsse, wie hoch die „zeitnah“einzuführenden Kontingente an Flüchtlingen, die man einreisen lasse, sein werden, zogen hinter ihr und Doskozil echte Flüchtlinge vorbei. Viele Frauen und Kinder, die scheu und still durch die Tretgitter blickten. Erst am Mittwoch werde man die Kontingente bekannt geben, so die Innenministerin. Sicher sei, dass es bald zwölf weitere Grenzübergänge mit Kontrollen geben werde, in der Steiermark, Kärnten und Tirol. Den Brenner habe er „massiv im Auge“, so Doskozil.
200 Polizisten sind derzeit in Spielfeld im Einsatz, im Laufe der Woche sollen es 400 werden. Seitens des Bundesheeres will man am Grenzübergang und der grünen Grenze auf 450 Mann in Bereitschaft und 200 „in Ruhe“aufstocken. Auch weitere Zäune sind denkbar, so Mikl-Leitner. Auch im Hinterland soll verstärkt kontrolliert werden.
Gebot der Stunde
Kanzler Werner Faymann betonte zuvor in Wien: „Grenzsicherung ist das Gebot der Stunde – in Österreich und auch entlang der Balkanroute.“Gewünscht habe er sich diese „Notlösung“nicht, ergänzt der SPÖ-Chef: „Aber ich trage Verantwortung und muss der Realität in die Augen schauen.“
An der Realität gescheitert, erklärten Regierungschef Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nach dem Minister- rat am Dienstag, sei bisher Plan A. Demnach sollte die Türkei Flüchtlinge aus dem Nahen Osten an der Weiterreise hindern, im Gegenzug würde ihr die EU einträchtig einen Teil der Asylberechtigten abnehmen. Weil dies bis dato aber nur ein frommer Wunsch ist, fühlt sich die Regierung genötigt, Plan B zu aktivieren. Wenn die Sicherung an den Außengrenzen nicht funktioniere, sagt Faymann, „muss man sie an den nationalen Grenzen machen“.
Österreichs Beschluss, eine Obergrenze für die Aufnahme für Asylwerbern einzuziehen, soll demnach einen „Dominoeffekt“(Mitterlehner) auslösen: Ein Staat nach dem anderen entlang der Balkanroute müsse die Einreise drosseln, im Idealfall sollten in Absprache nur so viele Menschen durchgelassen werden, wie in Österreich laut Obergrenze Chance auf Aufnahme haben.
Was aber tun, wenn doch mehr Flüchtlinge durchkommen? Inwieweit Österreichs Behörden Asylverfahren verwehren können, soll jenes Gutachten klären, das die Regierung in Auftrag gegeben hat. Faymann erwartet das Ergebnis für Anfang oder Mitte März.