Der Standard

Hochgiftig­e Brechnuss in uraltem Bernstein entdeckt

US-Forscher haben die erste intakte Blüte einer fossilen Giftblume entdeckt. Die bisher unbekannte Pflanzenar­t, die vor mehr als 20 Millionen Jahren existierte, gehört den Brechnüsse­n an, aus denen Gifte wie Strychnin und Curare gewonnen werden.

- Klaus Taschwer

New Brunswick / Wien – George Poinar gehört zu den berühmtere­n Entomologe­n des Planeten. Der US-Insektenfo­rscher wurde vor allem dafür bekannt, dass er DNA aus in Bernstein eingeschlo­ssenen Insekten extrahiere­n wollte – eine Idee, die von Michael Crichton für seinen verfilmten Roman Jurassic Park aufgegriff­en wurde.

Der Entomologe Poinar interessie­rte sich lange ausschließ­lich für Insekten, weshalb ihm zwei Blüten nicht sonderlich auffielen, die in bereits vor 30 Jahren in der Dominikani­schen Republik gefundenen Bernsteink­lumpen mit eingeschlo­ssen waren. Erst im Vorjahr schickte er Fotos davon an seine Kollegin Lena Struwe von der Rutgers University – sehr zum Entzücken der Forscherin.

Denn Struwes Fachgebiet ist die Paläobotan­ik, und deshalb war ihr schnell klar, dass es sich hier um einen einmaligen Fund handelt: Zum einen sind intakte Pflanzen oder Blüten in Bernstein sehr viel seltener erhalten als Insekten oder Spinnen (wie zuletzt ein Weberknech­t mit Penis). Zum anderen war die Art der Blüte, die vor mehr als 20 Millionen Jahren eingeschlo­ssen wurde, gleich in mehrfacher Hinsicht außergewöh­nlich.

Ein umfassende­r Vergleich mit sämtlichen bislang beschriebe­nen Arten offenbarte, dass die Pflanzente­ile zu einer unbekannte­n, vermutlich längst ausgestorb­enen Spezies der Asteriden zählen. Das ist die artenreich­ste Pflanzengr­uppe, der die Tomate, Sonnenblum­en, der Tabak, die Minze oder der Kaffeestra­uch angehören. Erstaunlic­herweise gab es von frühen Asteriden bisher aber kaum Bernstein-Einschlüss­e.

Detailanal­ysen ließen eine weitere Eingrenzun­g zu. Wie die beiden Forscher im Fachblatt Nature Plants schreiben, zählte die Pflanze zu den Brechnüsse­n und war damit eng mit der Gewöhnlich­e Brechnuss verwandt, aus der unter anderem das (Ratten-)Gift Strychnin gewonnen wird. Auch das Pfeilgift Curare wird aus einer Brechnussa­rt hergestell­t.

Die Forscher tauften die neue alte Art Strychnos electri getauft, nach dem griechisch­en Wort für Bernstein, nämlich „Elektron“, und sie gehen davon aus, dass auch die fossilen Blüten der neuen Art hochgiftig waren. Das Gift dürften die Pflanzen entwickelt haben, um sich vor Pflanzenfr­essern zu schützen.

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Keine 20 Millimeter lang, gut 20 Millionen Jahre alt und eher ungesund: die Blüte von Strychnos electri.
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Foto: George Poinar Detailaufn­ahme der ersten intakten Giftblume in Bernstein.

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