Dem Bildschirm kurz zuwinken
Staatspreis Innovation 2016: stellt in den nächsten Wochen einige nominierte Projekte vor
Wien – Die rasche Verbreitung von Touchdisplays hat die Interaktion mit Computern revolutioniert. Wo es aber unpraktisch ist, den Bildschirm für die Steuerung der abgebildeten Inhalte zu berühren, können berührungslose Gesten eine sinnvolle Alternative sein. Chirurgen können im Operationssaal auf diese Art ihre bildgebenden Systeme bedienen, bei industriellen Steuerungen bewahrt ein Gesten-Interface die Bildschirme davor, verschmutzt zu werden. Mit Bildtelefonie und Telekonferenzsystemen kann intuitiv interagiert werden, und Smartphones können mit dieser Technik im Gegensatz zu Touchdisplays sogar unter Wasser bedient werden – zumindest sofern sie wasserdicht sind.
Der steirische Halbleiterhersteller ams AG ist einer der Entwickler von Sensorchips, die eine derartige Eingabe möglich machen. Mit einem Projekt, das Hard- und Software für die Erkennung 13 unterschiedlicher Gesten aus acht Richtungen in einem Bauteil vereint, zählt das Unternehmen zu den Nominierten für den Staatspreis Innovation 2016, der vom Wirtschaftsministerium am 29. März vergeben und von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice abgewickelt wird.
Bisher waren die meisten optischen Sensoren auf vier Gesten beschränkt. „Unsere größte Innovation ist, dass wir den Sensor empfindlicher und genauer gemacht haben“, erklärt Mario Manninger, Senior Director Engineering bei der ams AG. Hardund Software seien darauf ausgerichtet, nicht nur Gesten für rauf, runter, links und rechts, sondern auch diagonale Richtungen, seitliches Annähern sowie das Zufahren und Entfernen auf den Bildschirm – etwa für eine Zoomfunk- Sensorchips für Gestensteuerung tion, für das Vergrößern und Verkleinern von Inhalten – zu erkennen. Zusätzlich zu den Gesten erkennt der Chip Farb- und Helligkeitsveränderungen in seiner Umgebung. „Das beinhaltet viele zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten“, so der Entwickler. Smartphones und andere tragbare Geräte können ihre Bildschirmhelligkeit exakter anpassen, bei Telefonaten das Display deaktivieren oder sogar Objekte erkennen.
Die Chips vereinen sowohl Farb- als auch Näherungssensoren. Die Farbsensoren messen neben den genauen RGB-Inhalten auch Helligkeit und Farbtemperatur. Die Näherungssensoren bestehen aus drei Pixeln, die in verschiedene Richtungen ausgerichtet sind. Eine Infrarotdiode sendet Licht aus, das etwa von der Hand, die die Eingabe durchführt, reflektiert wird. Das zurückkommende Licht wird erkannt und in typischen Anwendungsfällen 250-mal pro Sekunde ausgewertet, erläutert Manninger. Die Entfernung, auf die die Sensoren Gesten erfassen, hänge davon ab, wie der Chip verbaut und wie er von einer Software gesteuert werde, so der Entwickler. Bei großen Monitoren werden die Gesten gewöhnlich weiter weg ausgeführt, bei kleineren näher. Im Normalfall ist die Technik darauf ausgerichet, dass die Gesten etwa zehn bis zwölf Zentimeter vor dem Sensor ausgeführt werden.
Relevant für mobile Anwendungen ist die Chipgröße: „Das Besondere ist, dass er mit Ausmaßen von vier mal zwei Millimetern und einer Höhe von 1,35 Millimetern sehr klein ist und wenig Energie benötigt“, hebt der Entwickler hervor. Das macht den Bauteil, in dem etwa eineinhalb Jahre Entwicklungszeit stecken, gerade auch für Smartphonebauer attraktiv: Verwendet werde der Chip laut Manninger etwa bereits in den High-End-Modellen von Samsung. (pum) Die nächste Folge von „Unternehmen
Forschung“lesen Sie am 24. 2.