Jedem Land seine Diätempfehlungen
Großangelegtes Forschungsprojekt zu Unterschieden in der Diätologie zwischen Österreich und anderen Ländern
Wien – Ebola hin, Zika-Virus her – Todesursache Nummer eins sind die nichtübertragbaren Krankheiten: Krebs, Übergewicht, HerzKreislauf-Krankheiten oder Diabetes, und bei diesen spielt die Ernährung eine große Rolle. In der Diätologie, also der Wissenschaft von der Rolle der Ernährung in der Vorbeugung und Therapie von Krankheiten, haben sich allerdings in den verschiedenen Ländern durchaus unterschiedliche Zugänge entwickelt: Einem übergewichtigen Belgier könnten also andere Diäten empfohlen werden als einem Österreicher.
„Möglicherweise“, schränkt Andrea Kolm von der Fachhochschule St. Pölten ein, „ob das so ist, wissen wir nicht.“Im Rahmen des großangelegten Projekts IMPECT (Improvement of Education and Competences in Dietetics), das von Kolm geleitet wird, werden nun Unterschiede der Diätologie in Österreich, Belgien, Deutschland und den Niederlanden erforscht. Das Erasmus-plusProjekt der Europäischen Union mit einem Budget von 370.000 Euro startete im Herbst 2015, angelegt ist es auf drei Jahre.
„Derzeit wird in Diskussion mit den Partnerländern erhoben, wo mögliche Unterschiede liegen“, sagt Diätologin Kolm. Die Diätologie ist als Wissenschaft an europäischen Hochschulen noch recht jung – in Österreich gibt es ein entsprechendes Bachelorstudium erst seit 2006, davor wurden die damaligen Diätassistenten an medizinisch-technischen Akademien ausgebildet. Lehrpläne und Ausbildung, aber auch Methoden unterscheiden sich noch von Land zu Land. Das mache den internationalen Austausch schwierig.
Im Rahmen des Projekts werden daher nun zunächst die Prozessmodelle – also der jeweilige Ablauf von Anamnese, Therapie und Evaluation – verglichen, und es wird ein gemeinsames Modell entwickelt. Dabei leistet man quasi Vorarbeit, denn „europaweit möchte der europäische Verband der Diätologen bis 2020 ein einheitliches Prozessmodell schaffen“, sagt Kolm. Erste Diskussionen im Projektteam zeigen, dass eine solche Standardisierung keineswegs einfach ist. „Doch wenn keiner weiß, was genau mit einem bestimmten Schritt gemeint ist, kann man sich über die Grenzen hinweg nur schwer über Therapie, Best-Practise-Beispiele und Forschungsergebnisse austauschen.“
Wie therapiert wird
In einem zweiten Schritt werden gemeinsam mit den beteiligten Hochschulen aus Antwerpen, Fulda, Groningen und Neubrandenburg zehn virtuelle klinische Fallbeispiele zu häufigen Themenbereichen wie Diabetes, Darmkrebs, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickelt. „Die Fälle werden von Studierenden erhoben, didaktisch weiterentwickelt, dann sehen wir uns an, wo es Unterschiede gibt“, sagt Kolm. Beispielsweise wird also ein Patient mit eingeschränkter Glukosetoleranz (grenzwertiger Diabetes) vorgestellt, für den die Studierenden eine Ernährungstherapie ausarbeiten sollen. Anschließend wird gefragt: Wie wird therapiert, wenn sich danach Diabetes entwickelt, und wie, wenn es zusätzliche Komplikationen gibt, beispielsweise ein Nierenproblem oder Bluthochdruck?
Das dient nicht nur dem Training der Studierenden, sondern macht auch länderspezifische Unterschiede sichtbar, die dann wiederum Themen für künftige Forschungen aufzeigen. An Forschungsthemen mangelt es der jungen Wissenschaft ohnehin nicht. Durch die Akademisierung der früheren Diätassistenz habe sich der wissenschaftliche Anspruch generell gewandelt, lobt Kolm, doch es gibt noch viel zu tun. Zudem seien in der Diätologie „viele Ergebnisse leider nicht so handfest“. In der Medizin erhält eine Gruppe ein Medikament, die andere das Placebo. „Doch wir können unsere Untersuchungsteilnehmer natürlich nicht irgend- wo drei Wochen lang festsetzen und bestimmen, was sie wann essen dürfen“, sagt Kolm. Daher sei man zumeist auf Ernährungsprotokolle angewiesen, in denen aber, das zeigen Studien, gern das eine oder andere weggelassen werde. Aussagen zu Ursache und Wirkung – beispielsweise: Wer eine bestimmte Diät einsetzt, senkt damit Bluthochdruck – lassen sich daraus nicht ableiten. „Wir können immer nur Zusammenhänge darstellen und versuchen dann, die Ursache zu definieren.“Generell zeige sich in der Diätologie, dass es „die“Lösung nicht gibt, sondern viele Optionen.
Einige dieser Optionen soll also nun IMPECD aufzeigen. Die Fallbeispiele und die dazugehörigen didaktischen Unterlagen, die an der Artesis Plantijn Hogeschool Antwerpen entwickelt werden, werden dabei auch in einen Onlinekurs eingearbeitet, der die länderspezifischen Unterschiede aufzeigen soll, „damit die Studierenden ein Gefühl dafür bekommen, was in den anderen Ländern Usus ist“, sagt Kolm. Der Onlinekurs in englischer Sprache wird in Summer-Schools von Studierenden der beteiligten Hochschulen getestet und weiterentwickelt. Technische und didaktische Unterstützung erhält das Projektteam auch vom Service- und Kompetenzzentrum für Innovatives Lehren und Lernen und dem Institut für Creative Media Technologies der FH St. Pölten. Mit Projektende soll der Kurs kostenlos zur Verfügung gestellt werden – für die Ausbildung der künftigen und die Weiterbildung der derzeitigen Diätologen. tienten schon acht bis zehn Wochen im Krankenstand waren, bevor sie in die Reha-Klinik kamen. „Wir wollen deshalb in einem Folgeprojekt untersuchen, wie sich die Situation unmittelbar im Arbeitsprozess darstellt, noch bevor sich ein Burnout einstellt“, so Andreas Schwerdtfeger. „Bislang haben wir aufschlussreiche Querschnittsdaten, die sauber innerhalb einer Woche erhoben wurden“, erklärt der Gesundheitspsychologe. „Man muss aber hinterfragen, wie repräsentativ diese Messtage für ein Burnout sind. Vielleicht stellt sich die Situation des Betroffenen vor oder nach zwei Wochen ja völlig anders dar.“Deshalb seien Langzeitstudien von mindestens einem Jahr für ein besseres Verständnis des Krankheitsverlaufs dringend erforderlich. Erst so könne man beobachten, wie sich ein Burnout aufbaut und wie es bestimmte Probanden immer wieder schaffen, durch Regenerationsphasen in einen Normalzustand zurückzugelangen.
Abgrenzung gesucht
Dringenden Forschungsbedarf gibt es auch bei der Abgrenzung von Burnout zur Depression: „Wenn sich jemand im Endstadium eines Burnouts befindet, sind die Symptome nicht von jenen einer Depression zu unterscheiden“, weiß Claudia Traunmüller. In beiden Fällen habe man es mit einer völligen geistigen und körperlichen Erschöpfung zu tun. Der Prozess bis dorthin ist aber, wie man vermutet, ein völlig anderer. Während bei einer Depression der genetische Einfluss in Wechselwirkung mit der Umwelt eine zentrale Rolle spiele, stehe bei einem Burnout die situative Komponente im Vordergrund. Diese zeigt sich in Form problematischer Arbeitsbedingungen und deren subjektiver Bewertung in Verbindung mit abfedernden Ressourcen wie etwa der körperlichen Fitness oder einem unterstützenden sozialen Umfeld. „Um hier eine klare Differenzialdiagnostik vornehmen zu können, ist noch einiges an Forschung nötig“, betont der Wissenschafter. Ein entsprechendes Projekt bereiten die Forscher deshalb gerade vor.
Aufgrund des geringen Wissens über Burnout entstand in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Therapieangeboten, die von der Verschreibung von Antidepressiva über Wellnessanwendungen bis zu Achtsamkeits- und Genusstrainings reichen. „Mit dem Burnout-Hype ist auch ein lukrativer Geschäftszweig entstanden“, so Claudia Traunmüller.