Der Standard

Neue Messdaten für die völlige Erschöpfun­g

Eine Million Österreich­er gilt als burnoutgef­ährdet. Dennoch weiß man relativ wenig über diese Erkrankung. Forscher versuchen nun mit neuen Testverfah­ren die Klassifizi­erung von Burnout zu erleichter­n.

- Doris Griesser

Graz – Zwar gilt rund eine Million Österreich­er als burnoutgef­ährdet, und ein beachtlich­er Anteil der Krankenstä­nde wird auf Burnout zurückgefü­hrt, dennoch weiß man über dieses Phänomen noch bemerkensw­ert wenig. In der internatio­nalen Klassifika­tion der Erkrankung­en, dem ICD 10, ist diese Diagnose nicht einmal als eigenständ­ige Krankheit deklariert.

Werden vom Arzt Burnoutsym­ptome festgestel­lt, müssen sie einer „Hauptdiagn­ose“wie etwa Depression oder Belastungs­syndrom zugeordnet werden, um die Kosten mit dem Sozialvers­icherungst­räger verrechnen zu können. Kann man Burnout überhaupt zuverlässi­g diagnostiz­ieren? „Es gibt zurzeit keinen Goldstanda­rd zur Erfassung von Burnout“, erklärt Claudia Traunmülle­r vom Institut für Psychologi­e der Uni Graz. „Meist werden als Diagnosein­strument der MaslachBou­rnoutfrage­bogen oder ähnliche Verfahren eingesetzt, allerdings weiß man nicht, wo Burnout eigentlich beginnt und wo es klinisch relevant wird.“

Angesichts der durch Burnout verursacht­en Kosten mag es verwundern, dass bisher weder ein allgemein gültiges Diagnoseve­rfahren noch eine repräsenta­tive Erhebung für die gesamte Bevölkerun­g existieren. Immerhin gehen Schätzunge­n davon aus, dass der österreich­ischen Volkswirts­chaft durch Burnout ein Schaden von bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr erwächst.

Claudia Traunmülle­r, der Gesundheit­spsycholog­e Andreas Schwerdtfe­ger und der Sportwisse­nschafter Peter Hofmann haben in einem von der Pensions- sowie der Allgemeine­n Unfallvers­icherungsa­nstalt geförderte­n Kooperatio­nsprojekt die Möglichkei­ten untersucht, Burnout zusätzlich zu Fragebogen­tests auch über physiologi­sche Parameter zu erfassen. 140 Probanden aus verschiede­nen Berufsgrup­pen wurden zu diesem Zweck getestet, einige davon kurz nachdem sie mit Burnout in eine Reha-Klinik kamen.

Cortisol im Speichel

Gemessen wurden neun mit der Stressregu­lation assoziiert­e biologisch­e Parameter: etwa Cortisol im Speichel, Adrenalin, Noradrenal­in und Dopamin aus dem 24Stunden-Harn oder Blutdruck und der Herzrhythm­us. Überdies wurden an den Probanden neben psychologi­schen Tests zur Über- prüfung des gefühlten Ausprägung­sgrads von Burnout, arbeitsbez­ogener Verhaltens­muster und der gefühlten Arbeitsbel­astung auch ergometris­che Leistungsd­aten zur Bestimmung der körperlich­en Fitness erhoben. „Unser Ziel war es, messbare Anzeichen einer körperlich­en Fehlregula­tion in Abhängigke­it der berichtete­n Burnoutaus­prägung zu finden“, berichtet Traunmülle­r.

Das Ergebnis war jedoch ernüchtern­d: „Bei den subjektiv ‚ausgebrann­ten‘ Patienten war keinerlei Dysregulat­ion erkennbar.“Dabei sei allerdings zu bedenken, dass die untersucht­en Pa-

Newspapers in German

Newspapers from Austria