Der Standard

Der Hofnarr will mehr Geld für Forschung

Halbzeit in der Forschungs­strategie, die Österreich zum Innovation Leader machen soll. Der Forschungs­rat zieht Bilanz. Sein Fazit klingt nicht neu: Wenn die Bundesregi­erung selbstgest­eckte Ziele erreichen will, muss sie tief in die Budgettasc­hen greifen

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Wien – Als Hofnarr hat sich Hannes Androsch schon des Öfteren bezeichnet. Der Rat für Forschung und Technologi­eentwicklu­ng (RFT), dessen Vorsitzend­er er ist, empfiehlt seit mehreren Jahren schon eine deutliche Steigerung des Budgets für Wissenscha­ft und Forschung, um die Innovation­sdynamik früherer Jahre wieder zurückzuge­winnen – und um das von der Bundesregi­erung in der Forschungs­strategie selbstgest­eckte Ziel erreichen zu können, im Jahr 2020 immerhin 3,76 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) für Forschung auszugeben.

Auch in die jüngste Ratsempfeh­lung – rechtzeiti­g vor Beschluss des Bundesfina­nzrahmenge­setzes (BFRG) für das Budget von 2017 bis 2020 veröffentl­ich – hat man wieder einmal den Wunsch nach mehr Mittel für die kompetitiv­e Forschung geschriebe­n. So sollen der Wissenscha­ftsfonds FWF und die Österreich­ische Forschunsg­förderungs­gesellscha­ft FFG pro Jahr jeweils 100 Euro mehr Budget erhalten. Die FFG konnte zuletzt aufgrund hoher Mittelbind­ungen in den Vorjahren mehr als 600 Millionen Euro Förderzusa­gen geben, der FWF hat etwa 200 Millionen jährlich zur Verfügung.

Mehr Mittel für Unis

Der Rat empfahl zudem eine Erhöhung der Grundfinan­zierung der Universitä­ten in der nächsten Leistungsv­ereinbarun­gsperiode 2019 bis 2021: von derzeit rund 8,4 Mrd. Euro (2016 bis 2018) um 1,35 Mio. Euro – also jährlich um 450 Mio. Damit müsste eine mit Zugangsreg­eln verbundene Studienpla­tzfinanzie­rung einherge- hen, sagte Androsch bei der Präsentati­on der Empfehlung vor Journalist­en. Und er wies wieder einmal darauf hin, dass das Betreuungs­verhältnis für Studierend­e an heimischen Universitä­ten im Vergleich zu Bayern und der Schweiz weitaus schlechter ist (siehe Grafik). Hierzuland­e gebe es auch noch immer zu viele Studierend­e, „die keine Prüfungen ablegen“, meinte Androsch. „Studium kommt vom Studieren und nicht vom Flanieren – obwohl auch das sein soll“, sagte Androsch mit einem Grinsen.

Der Industriel­le, seit 2010 Vorsitzend­er des Rates, bezifferte die Zahl der Flanierer auf ein Drittel. Insgesamt studieren 357.000 (inklusive Fachhochsc­hulen). In der Schweiz studieren laut den vom Rat zur Verfügung gestellten Zahlen 145.000, in Bayern sind es insgesamt rund 240.000 Studierend­e.

Schließlic­h sollte es jährlich noch einmal 100 Millionen mehr als bisher für Exzellenzf­orschung in Österreich geben: Darin sieht der Rat das bis 2026 finanziell gut abgesicher­te IST Austria in Maria Gugging bei Wien und die Öster- reichische Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW). Weitere Mittel sollten für Forschungs­infrastruk­tur und internatio­nale Mitgliedsc­haften bereitgest­ellt werden.

Selbst bei Umsetzung all dieser Maßnahmen würde Österreich seine Ziele – eine Forschungs­quote von 3,76 Prozent bis zum Jahr 2020 bzw. eine Quote von zwei Prozent für den tertiären Sektor – nicht erreichen, betonte Androsch. „Wir nehmen also auf die Beengtheit der Staatsfina­nzen Rücksicht,“meinte er. Und: „Diese Dinge sind die Mindestanf­orderungen und bleiben weit unter dem, was die Regierung sich selbst als Vorgabe gestellt hat.“

Nationalst­iftung eingebroch­en

Die wirtschaft­liche Lage wirkt sich auch auf die Mittelverg­abe aus: Die Nationalst­iftung, deren Ausschüttu­ngen für F&E verwendet werden, hat zuletzt nur 18 Millionen Euro zur Verfügung stellen können. Ursprüngli­ch waren das immerhin 135 Millionen. Androsch hofft, dass das Finanzmini­sterium diese Mittel aufstockt. Und er verweist auch auf den Ös- terreich-Fonds, der heuer 33,7 Millionen bringen soll und durch den neuen 55-Prozent-Steuersatz für Einkommens­anteile über einer Million gespeist wird, also durch Steuergeld­er von sehr gut verdienend­en Österreich­ern. Diese Mittel sollen nach Ratsbeschl­uss vergeben werden. Androsch betonte bei der Präsentati­on mehrfach, keine Forderunge­n stellen zu können. Man habe das Mandat, Empfehlung­en abzugeben. Warum er gerade jetzt hofft, dass die Bundesregi­erung sich daran hält? Rankings würden deutlich machen, dass es nun darum gehe, die Zukunft des Landes zu sichern – ob das nun das vielzitier­te Innovation Union Scoreboard (IUS) sei oder Rankings über Wirtschaft­sleistunge­n im Land. Überall seien Abstürze zu verzeichne­n. Die F&E-Quote sei immerhin auf drei Prozent angewachse­n.

„Der Rat bleibt ein Hofnarr und gibt Empfehlung­en.“Ob die Regierung sich daran halte, sei eine politische Entscheidu­ng: „Wir können ihr nicht mit Mund-zuMund-Beatmung Mut einflößen,“ätzte Androsch. (pi, APA)

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