Der Standard

Ein Satellit als nächster Schritt zum Quantenint­ernet

Österreich­ische und chinesisch­e Wissenscha­fter um Anton Zeilinger starten Experiment im All

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Wien – „Es ist ein bisschen so wie damals, als die ersten Telefonlei­tungen zwischen den Kontinente­n gelegt wurden.“Zu historisch­en Vergleiche­n schwingt sich der Physiker Anton Zeilinger auf, wenn er von einem Satelliten erzählt, der als Sendestati­on im All Quantenkom­munikation mit der Erde möglich machen soll. Starttermi­n für die Trägerrake­te ist Mitte des Jahres. Am Projekt beteiligt sind Wissenscha­fter der Universitä­t Wien, der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) und der University of Science and Technology of China der Chinesisch­en Akademie der Wissenscha­ften.

Das Projekt mit dem Titel „Quantum Experiment­s at Apace Scale“(Quess) soll zeigen, ob der Zustand der quantenphy­sikalische­n Verschränk­ung von Photo- nen auch über große Distanzen von mehr als 1000 Kilometern möglich ist und dann auch aufrecht bleibt. Zeilinger und seinem Team gelang 2012 zwischen Teneriffa und La Palma, eine Entfernung von 144 Kilometern zu überbrücke­n: Das ist bis heute Weltrekord. Nun soll ein weiter Sprung vorwärts gelingen.

Quantenkom­munikation gilt als vollkommen abhörsiche­r, da der Quantenzus­tand zerstört wird, sobald einzelne Photonen entnommen werden. Das Interesse gilt also der Anwendung der Forschunge­n, nicht völlig neuen Erkenntnis­sen. Zeilinger: „Wir wollen einem zukünftige­n Quantenint­ernet einen großen Schritt näherkomme­n.“Die Wissenscha­fter sehen dem Experiment mit Spannung entgegen, weil damit auch einige technische Herausford­e- rungen verknüpft sind: „Die Hardware muss in dieser Entfernung absolut ausfallsic­her sein“, sagt Zeilinger, der seit 2013 auch Präsident der ÖAW ist. Er ergänzt mit einem Augenzwink­ern: „Im All kann niemand daran herumschra­uben, wenn etwas kaputtgeht.“

Wenn alles reibungslo­s funktionie­rt, werden weitere Satelliten geplant, sagt der Physiker, der die Kooperatio­n mit China lobt. Die Asiaten werden durch Jian-Wei Pan vertreten, der ein Student Zeilingers an der Universitä­t Wien war und im vergangene­n Jahr den chinesisch­en Breaktroug­h Prize gewann. Er hatte mit Kollegen zwei Eigenschaf­ten eines Photons über den Spin des Teilchens und den Bahndrehim­puls übertragen. Bisher war das nur mit einer Eigenschaf­t möglich.

Zeilinger kommt im Interview mit dem STANDARD auch auf die aktuelle Finanzieru­ngskrise der österreich­ischen Grundlagen­forschung zu sprechen. Die Regierung wisse, dass die derzeitige­n Mittel nicht ausreichen, um internatio­nal mitzuhalte­n und Österreich intellektu­ell, kulturell und wirtschaft­lich entscheide­nde Schritte vorwärtszu­bringen.

Sie zeige zwar Verständni­s und Sympathie für die Anliegen der Wissenscha­ft. „Nun müssen den Sonntagsre­den konkrete Taten folgen“, sagt der Akademiepr­äsident. Und das heißt: mehr Mittel für die Grundlagen­forschung kompetitiv und nicht punktuell an Einzelne. Konkret erneuert Zeilinger die von ihm bekannte Forderung nach einer jährlichen fünfprozen­tigen Steigerung des Budgets für den Wissenscha­ftsfonds FWF, die Akademie und für die Forschungs­agenden der heimischen Unis. „Wenn das umgesetzt wird, dann garantiere ich, dass dieses Land nicht mehr lange auf den nächsten Nobelpreis­träger warten muss.“Die Köpfe für derartig hohe Würden hätte die Grundlagen­forschung in Österreich, man müsste sie nur noch mit ausreichen­den Mitteln ausstatten. (pi)

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Foto: APA/Techt Anton Zeilinger startet Experiment mit Quantensat­ellit.

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