Kranebitter wollte nicht „Trübsal blasen“
Gottwald Kranebitter, der die Hypo nach ihrer Verstaatlichung führte, hat den „katastrophalen Zustand“2011 erkannt. Dass keine Bad Bank gegründet wurde, sei an Finanzministerin Maria Fekter gelegen. Das Zuwarten habe Milliarden an Euro gekostet.
Wien – Im Juli 2013 verabschiedete er sich mit den Worten: „Ich gehe, aber ich laufe nicht davon.“Gestern, Dienstag, kam er wieder: Gottwald Kranebitter, von April 2010 bis Sommer 2013 Vorstandschef der Hypo Alpe Adria, wurde als solcher im parlamentarischen Hypo-U-Ausschuss befragt. In dem ist nun die Phase drei angebrochen, die Abgeordneten beschäftigen sich mit der Zeit nach der Verstaatlichung, also ab 2010.
Kranebitter, heute 52 und wieder Wirtschaftsprüfer und Berater, kennt die Hypo schon seit 2007 ganz gut: Damals hatte er in seiner Funktion als Partner und Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG Kingsbridge beraten, den Geschäftspartner von Tilo Berlin, rund um den Hypo-Einstieg. Mit der Prüfung von Krediten oder Leasingdeals habe er sich da aber nicht beschäftigt, „das war nicht mein Auftrag“, stellte der Exbanker gleich klar.
Ende 2009 landete er dann wieder bei der Hypo; diesmal beriet er die Bank, kurz vor der Verstaatlichung. Er war bei jener Sitzung der Aktionäre am 7. Dezember 2009 dabei, als der Vorstand den Kapitalbedarf kommunizierte (2,1 Milliarden Euro) und selbiger quasi aufgeteilt werden sollte. 1,3 Milliarden sollten die Bayern einschießen, 800 Millionen Euro die Republik, und die Bayern sollten zusätzlich Sparten übernehmen und refinanzieren, die nicht zum Kerngeschäft zählten. Der Plan ging aber nicht auf, weil den Aktionären (BayernLB, Grawe, Land Kärnten, Mitarbeiterprivatstiftung) die Idee „nicht schmeckte“, vor allem den Bayern nicht, wie sich Kranebitter erinnerte.
Operativ landete er dann eben im April 2010 bei der Hypo: Aufsichtsratschef Johannes Ditz und sein Vize Rudolf Scholten hatten ihn Anfang 2010 gefragt, ob er Chef werden wolle. An der Ausschreibung hatte er sich nicht beteiligt, drei Bedingungen habe er gestellt: Die Medien dürften im Vorfeld nichts davon erfahren, bei der Auswahl der übrigen Vorstandsmitglieder wollte er „gehört“werden, und er müsse das Vertrauen des gesamten Aufsichtsrats bekommen. Alles eingehalten, Kranebitter wurde Chef.
Kranebitters Befragung drehte sich im Wesentlichen um wenige Fragen: Warum wurde in seiner Ära die Bank fortgeführt, warum wurde keine Abbaugesellschaft gegründet – und was wollte eigentlich er? Zunächst hatte der Exbankchef, der heute im Aufsichtsrat der Wiener Privatbank und der Paybox Bank der Telekom Austria sitzt, gemeint, er habe bald für die Bad Bank plädiert. Im Lauf der Befragung relativierte sich das ein wenig. Aus einem von Rainer Hable (Neos) vorgelegten Papier von Ende März 2010 mit fünf Optionen erschließt sich, dass die Fortführung als erste Variante genannt wurde und die Bad Bank nicht vorkam.
Lange Zustandserforschung
Wie das zu seiner Bad-BankPräferenz passe? Kranebitter räumte sinngemäß ein, dass es damals „die Sicht der Bank“gewesen sei, stark genug für die Fortführung zu sein. Er selbst habe mit seinem Vorstandsteam ein Jahr gebraucht, um vollen Einblick in die Zahlen zu bekommen. Zuvor hätten die Auskünfte der Zuständigen (Kranebitter nannte OeNB, zwei Wirtschaftsprüfer, Berater Boston Consulting) „nicht den Schluss zugelassen, dass die Bank in einem derart katastrophalen Zustand war“.
Letztlich ist laut Kranebitter die Gründung einer Bad Bank an der damaligen Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) gescheitert. Er habe sie erstmals im Oktober 2011 persönlich gesprochen – und sie habe Bad Banks „grundsätzlich abgelehnt, nicht nur bei der Hypo“. Denn Abwicklungsgesellschaften erhöhen die Staatsschulden, das habe Fekter verhindern wollen. Die Verzögerung aber hat laut Kranebitter Milliarden gekostet: „Ich bin überzeugt, dass die Verluste nach Gründung einer Band Bank und bei geordnetem Abbau um Milliarden geringer ausgefallen wären.“
Zur Erinnerung: Die Hypo wurde dann erst Ende Oktober 2014 zur Abwicklungsgesellschaft Heta, unter Finanzminister Hans Jörg Schelling. Samt (Maastrichtrelevanten) Assets im Volumen von 18 Milliarden Euro.
Streit und Hader der vielen Involvierten, der häufig vorkam, wurde im Ausschuss nur gestreift. Zwar erzählte Kranebitter, dass die Vergangenheitsbewältigung der CSI Hypo nicht nur viel gekostet, sondern auch Ressourcen gebunden und das Geschäft mitunter gestört habe, aber damit war das Thema auch schon erledigt. Böse Stimmung zwischen HypoVorstand, Aufsichtsrat, Finanzprokuratur, CSI Hypo, Sonderbevollmächtigtem bzw. Koordinator Georg Krakow, Beratern waren (fast) kein Thema.
Und positive Aussagen, wie jene Kranebitters, dass das Staatsgeld in drei Jahren verdient werden könne? Dass das nicht wahr werden konnte, führte Kranebitter auf die schlechte Wirtschaftsentwicklung zurück. Und: „Es ist nicht meine Aufgabe gewesen, Trübsal zu blasen.“