Valencias Rückkehr in die Vergangenheit
Bei Rapids Gegner in der Europa League sorgt Trainer Gary Neville trotz Misserfolgen für Ruhe
Valencia – Dass Gary Neville immer noch Trainer von Valencia ist, mag eine seltene Laune des Fußballs sein. Der 40-jährige Engländer, der mit Manchester United neunmal Meister wurde und zweimal die Champions League gewann, ist bei seiner ersten Station als Chefcoach mäßig erfolgreich. Und das ist eine schamlose Untertreibung. Der 85-fache Nationalspieler ersetzte am 7. Dezember den Portugiesen Nuno Espírito Santo. Im zehnten Anlauf klappte es endlich mit dem ersten Sieg in der Liga, Espanyol Barcelona wurde am Samstag 2:1 geschlagen.
Neville werden gute Beziehungen zum singapurischen Geschäftsmann und Klubchef Peter Lim nachgesagt, der ihn vorerst bis 30. Juni als „Feuerwehrmann“installiert hat. Lim akzeptierte sogar die 0:7-Watsche im Cup gegen Barcelona vom 3. Februar. Neville verfiel nicht in Panik, arbeitete konzentriert weiter. Sportdirektor Jesús García Pitarch sagt über ihn: „Er ist der disziplinierteste Mensch, den ich jemals im Fußballgeschäft gesehen habe. Ein absoluter Fachmann.“
Am Donnerstag kommt Rapid zwecks Europa Legaue ins Estadio de Mestalla, Trainer Zoran Barisic hat sich mit Valencia intensiv befasst: „Das Besondere ist nicht Trainer Neville, sondern die Mannschaft, der Verein und der Umstand, dass wir gegen so einen im Sechzehntelfinale spielen dürfen.“Vor fast 20 Jahren sind Barisic und Neville einander auf dem Spielfeld begegnet, Rapid unterlag in der Champions League United zweimal 0:2. Barisic wurde im Old Trafford in der 64. Minute eingetauscht. „Ich kann mich noch erinnern, dass ich brennheiß war.“
Neville wird sich daran kaum erinnern, er soll Valencias Vergangenheit wiederbeleben, an die goldene Ära von 1999 bis 2004 anknüpfen (ChampionsLeague-Finale, Sieg im Uefa-Cup, zwei Meistertitel). Lim möchte in Spanien zumindest die vierte Kraft hinter Barcelona, Real und Atlético Madrid werden. Übrigens gehört auch Nevilles Bruder Phil dem Trainerstab an.
Kurt Jara stürmte von 1973 bis 1975 für Valencia, er hat einen Wohnsitz in der Stadt, verfolgt die meisten Spiele im Stadion. Rapid lässt er aus, er bevorzugt einen Skiurlaub mit den Enkelkindern daheim in Tirol. Der 65-Jährige beziffert Rapids Chancen „mit 50:50“. Valencia sei nicht wirklich gut drauf, es mangle an Selbstvertrauen. „Das Gefüge passt nicht, warum auch immer. Ich habe bei den Spielen nicht das Gefühl gehabt, dass ein Kollektiv vorhanden ist.“Speziell der Wechsel von Nicolás Otamendi zu Manchester City habe eine Lücke in der Defensive hinterlassen. Was Jara verblüfft, ist die untypische Stille im Verein – trotz des schwachen zwölften Tabellenplatzes. „Neville sitzt meist ruhig auf der Bank, zuletzt hat er aber schon mehr von der Linie gecoacht, das will man in Spanien gerne sehen.“
Neville hat übrigens „großen Respekt“vor Rapid. (red, APA)