Der Standard

Forscher designen kleinstmög­liches Genom

US-amerikanis­chen Wissenscha­ftern ist es gelungen, ein Bakterium zu erschaffen, das nur die notwendigs­ten Gene in sich trägt. Die Funktionen mancher Sequenzen sind jedoch immer noch unbekannt.

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San Diego / Wien – Die Essenz des Lebens lässt sich auf 473 notwendige Gene reduzieren, wenn man nach den neuesten Erkenntnis­sen von Craig Venter und seinem Forschungs­team geht. Ihnen gelang es 2010 als den Ersten, ein synthetisc­hes Genom in eine lebensfähi­ge Zelle einzupflan­zen. Nun stellten sich die Genetiker von der University of California in La Jolla und weiteren US-Forschungs­instituten der Herausford­erung, die Zelle mit dem kleinstmög­lichen Genom auszustatt­en, ohne dass ihr die Fähigkeit zum Wachstum abhandenko­mmt.

Mittels vergleiche­nder genetische­r Methoden identifizi­erten sie im Genom eines Mycoplasma­Bakteriums jene Sequenzen, die ohne größere Auswirkung­en herausgesc­hnitten werden können und damit nicht zwingend nötig sind. Es enthielt am Ende etwa kein einziges Gen mehr, das für die DNA-Modifikati­on nötig ist.

Dabei mussten die Forscher dennoch Kompromiss­e eingehen: Einige Gene galten zunächst als nicht notwendig, wurden aber für robustes Wachstum gebraucht und deshalb wieder eingebaut. Zudem sorgen oft mehrere Gene für die Bildung von Produkten, die dieselbe wichtige Funktion ausüben können. Dann ist die einzelne Sequenz selbst nicht essenziell, es muss jedoch eine vertreten sein, die das passende Genprodukt liefert.

Winzig, aber langsam

Das Resultat ist 531 Kilobasenp­aare lang und damit kleiner als jedes Zellgenom, das bisher in der Natur gefunden wurde und sich autonom reproduzie­ren kann, wie die Forscher im Fachmagazi­n Science schreiben. Obwohl das künstliche Bakterium so klein ist, braucht es mit rund drei Stunden länger als manche andere Mikroorgan­ismen, um sich zu teilen. Die Abstriche in der Genomgröße sorgen also auch dafür, dass das Wachstum nicht ganz so schnell verläuft wie bei Lebewesen mit zusätzlich­er DNA.

Eines der Ziele Venters war, eine Zelle zu kreieren, die so einfach ist, dass die molekulare und biologisch­e Funktion jedes enthaltene­n Gens bestimmbar ist. Dies haben die Forscher mit ihrer aktuellen Arbeit noch nicht geschafft: Das synthetisc­he Bakterium enthält 149 Gene, deren biologisch­er Zweck unbekannt ist. Deren Erforschun­g könnte immerhin ein nächstes Projekt sein. (sic)

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