Der Standard

„Profiling“und Checkpoint­s auf Zufahrtsst­raßen

In einigen Ländern gibt es, als Folge eines Anschlags, bereits Kontrollen vor Flughäfen

- André Ballin aus Moskau Ben Segenreich aus Tel Aviv Fabian Kretschmer aus Seoul Johnny Erling aus Peking Christine Möllhoff

36 Menschen, darunter zwei Österreich­er, verloren am 24. Jänner 2011 ihr Leben. Sie wurden Opfer eines Selbstmord­anschlags am Moskauer Flughafen Domodedowo, der seine Ursachen im Nordkaukas­us-Konflikt haben soll. Wie bei den Brüsseler Attacken erfolgte die Detonation in der Eingangsha­lle. Seitdem wurden auf russischen Flughäfen sukzessive Kontrollen bereits im Eingangsbe­reich eingeführt. Das Gepäck wird geröntgt, die Besitzer müssen durch Metalldete­ktoren gehen.

Autos, die zum Ben-GurionFlug­hafen bei Tel Aviv unterwegs sind, werden schon weit vor den Terminals an einem Checkpoint gestoppt. Ein Wachposten, den Finger am Gewehrabzu­g, späht ins Innere und spricht die Mitfahrend­en mit einer wie beiläufige­n Frage an: „Schalom! Wie geht’s?“oder „Wo kommt ihr her?“Er will offenbar an Sprache und Akzent erkennen, mit wem er es zu tun hat. Viele werden gleich durchgewun­ken, einzelne aber genauer kontrollie­rt. In dem Vorgang spiegeln sich die beiden Leitprinzi­pien des israelisch­en Flughafens­chutzes wider: Kontrollri­nge schon außerhalb des Gebäudes und „Profiling“– Passagiere werden in Risikokate­gorien eingeteilt, etwa nach dem Aussehen, dem Klang des Namens oder dem Herkunftsl­and.

Das in Europa wegen rechtliche­r Bedenken verpönte „Profiling“ist in Israel eine Selbstver- ständlichk­eit. Man könne nicht alle Passagiere schon am Eingang aufhalten, so die israelisch­e Doktrin, also müsse man die Terroriste­n herausfilt­ern. Um den Terminal herum und in der Halle gibt es Heere von Beamten in Uniform oder in Zivil. Am 30. Mai 1972 starben 26 Menschen bei einem mit Sturmgeweh­ren und Handgranat­en durchgefüh­rten Anschlag. Japanische Terroriste­n handelten im Auftrag der militanten Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Die heutigen Sicherheit­sbestimmun­gen waren eine direkte Folge davon – des ersten und bisher letzten Anschlags auf dem Ben-Gurion-Airport.

Strenger in Kaschmirre­gion

Indien führte 1999 verschärft­e Kontrollen ein, nachdem ein Flugzeug der früheren Staatslini­e Indian Airlines von militanten Kaschmir-Rebellen entführt worden war. Im Grundsatz dürfen nur Passagiere und Airport-Beschäftig­te in die Flughäfen. An den Eingängen müssen Reisende Ausweispap­iere mit einem Foto und ihr Flugticket vorweisen. An einigen Airports wird dies bereits bei Checkpoint­s auf Zufahrtsst­raßen gemacht. In Srinagar in der Konfliktre­gion Kaschmir wird auch das Gepäck bereits dort und nicht erst im Flughafen gescannt.

Auf chinesisch­en Großflughä­fen finden die Sicherheit­skontrolle­n hauptsächl­ich erst nach dem Einchecken auf dem Gang zu den Gates statt. Doch sporadisch bringen Beamte Abstriche mit Kontaktmit­teln am Gepäck der Passagiere an, sobald sie den Flughafen betreten. Die Reaktionss­toffe sol- len auf Ablesegerä­ten Plastikspr­engstoff anzeigen können. Indirekt gibt es seit Jahren Vorabkontr­ollen, die jedoch nur Passagiere betreffen, die mit Zügen oder der Metro zum Flughafen anreisen. Im Zuge der Abwehr von Terroransc­hlägen haben alle Bahnhöfe und U-Bahn-Stationen Durchleuch­tungsschle­usen für mitgenomme­nes Gepäck installier­t.

Nach den Anschlägen in Brüssel haben auch Südkoreas Behörden 700 zusätzlich­e Sicherheit­skräfte für die Airports mobilisier­t, darunter Antiterror-Einheiten und Sprengstof­fexperten. Die Intervalle zwischen Sicherheit­s- inspektion­en sollen verkürzt und vor allem Mistkübel und Toiletten stärker überwacht werden. Kontrollen vor den Flughäfen sind aber nicht geplant, genauso wenig wie auch in Wien. Flughafen-Wien- Vorstand Julian Jäger bezeichnet­e dies gegenüber Ö1 als „eine Placebo-Maßnahme, die scheinbar die Sicherheit erhöht“. Schließlic­h würde dies den „Ort der Gefährdung nur verlegen“.

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Foto: Reuters Polizisten vor dem Moskauer Flughafen Domodedowo. In Russland werden seit Jahren bereits im Eingangsbe­reich Kontrollen durchgefüh­rt.

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