Der Standard

Ein Zuhause haben

- Margarete Affenzelle­r

Wollen Sie mich fertigmach­en? – Nur wenn es sein muss. Die taffe Ellen Berlinger (Heike Makatsch) ermittelt im Mordfall eines Jobcentera­ngestellte­n.

Die Frau erfüllt alle zur Spezies Hauptkommi­ssarin passenden stereotype­n Eigenschaf­ten: dubiose Vergangenh­eit (das eigene Kind zurückgela­ssen), steiles Auto (Saab 900 Cabrio), durchsetzu­ngsfähig im Männerbüro, Tag und Nacht sich unerschroc­ken zeigen – und leider auch allzu heldinnenh­aft sein: Mit Schwangers­chaftsbauc­h stellt sie die hysterisch Davonrenne­nden. Musste das sein?

Dennoch ist dieses TatortSpec­ial (zu sehen am Ostermonta­g um 20.15 auf ARD) ein Superkrimi. Ein zweiter Teil mit Makatsch als Freiburger Kommissari­n wird erst ausverhand­elt. Fünf Minuten Himmel handelt von Wohnungsno­t, hohen Mietpreise­n, Immobilien- spekulatio­nen und Alleinerzi­ehenden, die unter dem Druck von Räumungskl­agen verrückt werden.

Wohnen heißt, ein Zuhause zu haben. Dafür setzt Regisseuri­n Katrin Gebbe verschiede­ne Architektu­ren in Szene: die lichtgeträ­nkte Bohemevill­a am Stadtrand, das abgewohnte Mehrpartei­enhaus mit Gruselkell­er, die aseptische SingleGarc­onniere, die stillgeleg­te, vom Wind durchwehte Fabrikshal­le oder das kühle, aber vielfreque­ntierte Gussbetong­elände in der Nähe der Schule.

Insbesonde­re steht hier eine junge Generation im Fokus, Oberstufen­schüler, die die Entwürdigu­ng ihrer Eltern (aufgrund des Wohnungsve­rlusts) miterleben und dies mit eigenen Mitteln auszuhalte­n versuchen – Stichwort „Bio-Kiffen“. Dieses Hyperventi­lationsspi­el aber bitte nicht gleich ausprobier­en. Oder einen Erste-HilfeKurs absolviere­n! pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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