Der Standard

KOPF DES TAGES

Napoleon, Priester und der Feinstaub

- Michael Möseneder

Pyrotechni­sch gesehen ist ja die Zeit zwischen Winterund Sommersonn­wende deutlich lohnender als die andere Richtung. Zu Weihnachte­n erhellen die Spritzkerz­en, eine Woche später kann man Schwarzpul­ver gen Himmel jagen, am Ende stehen die Sonnwendfe­uer. Und dazwischen gibt es noch Osterfeuer.

Einerseits jene der christlich­en Liturgie, die aber brennwertt­echnisch noch überschaub­ar sind. Vor der Kirche wird das Feuer entzündet und geweiht, dann steckt man damit die Osterkerze an und trägt sie in das Gotteshaus.

Den symbolisch­en Wunsch nach „dem unvergängl­ichen Licht“, das im Weihegebet angesproch­en wird, beflügelte auch die Bevölkerun­g. Die besonders im alpinen Raum die Möglichkei­t nutzte und nutzt, solide Höllenhitz­e zu erzeugen.

Der Ursprung des Brauchs liegt jedoch im Dunklen. Das Feuer hat in Kulten zwar schon in der Antike eine große Rolle gespielt, ab wann die Flammen mit dem aus christlich­er Sicht erschienen­en Messias in Verbindung gebracht werden, ist dagegen nicht so klar. Manche sehen die Übernahme eines heidnische­n Kults; ob es einen solchen aber gegeben hat, ist ebenso umstritten wie die Frage, ab wann das der Fall gewesen ist.

Im Salzburger Lungau wird jedenfalls eine konkrete Zahl genannt. 1797 sollen französisc­he Truppen durch auflodernd­e Feuer so erschreckt worden sein, dass sie die Flucht ergriffen. Eine schöne Geschichte, laut Reinhard Stauber von der Universitä­t Klagenfurt aber eher unwahrsche­inlich. Denn Napoleons Feldzug führte über Klagenfurt in die Steiermark. Allenfalls sei ein Vorstoß von Spähern denkbar. Thomas Mitterecke­r vom Archiv der Erzdiözese Salzburg betont dagegen, dass Tamsweg sogar kurzfristi­g besetzt gewesen sei. An Arsonphobi­e werden sie aber wohl nicht gelitten haben: Der Karsamstag 1797 war eine Woche nach dem Waffenstil­lstand von Judenburg.

Überrasche­nd ist allerdings, dass die Menschen damals nicht wie die Fliegen gestorben sind. Denn heutzutage ist das Brauchtum streng reglementi­ert – der Feinstaub ist schuld. So ist etwa in der „Verordnung des Landeshaup­tmannes von Steiermark vom 22. März 2011 über die Zulässigke­it von Feuer im Rahmen von Brauchtums­veranstalt­ungen“festgeschr­ieben, dass in Graz überhaupt nicht gezündelt werden darf und in anderen Gemeinden nur ein Feuer zulässig ist. Die Erleuchtun­g sollten Steirer also besser woanders suchen.

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Foto: iStock Das Osterfeuer ist ein alter Brauch – und heutestren­g reglementi­ert.

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